Wahlen in Schleswig-Holstein und NRW: Diese Koalitionen sind zu erwarten

Die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen am 7. und 14. Mai werden mit Spannung erwartet. Nicht nur das Abschneiden der Parteien, sondern auch die Koalitionsbildungen gelten als richtungsweisend für die Bundestagswahl im September. Doch wer könnte mit wem am besten regieren? Mit Hilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse der Wahlprogramme hat der Mannheimer Politikwissenschaftler Prof. Dr. Marc Debus die Positionen der Landesparteien auf den zentralen Politikfeldern ermittelt: Dies ist einerseits die Wirtschafts- und Sozialpolitik und andererseits die Innen-, Rechts- und Gesellschaftspolitik. „Diese Felder sind sehr prägend für den deutschen Parteienwettbewerb und eignen sich daher hervorragend, um mögliche Regierungsbündnisse auszuloten“, erklärt Debus. Da er auch die Programme der letzten Wahl in seine Analyse miteinbezieht, kann er zudem Veränderungen der Parteipositionen messen.

NRW: Positionen von SPD, Union und FDP sind mittlerweile sehr ähnlich

In Nordrhein-Westfalen identifiziert Marc Debus aufgrund einer Positionsverschiebung der dortigen CDU kaum mehr Unterschiede zwischen den gesellschaftspolitischen Positionen von SPD, Union und FDP. Auch in Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik seien diese drei Parteien einander nun viel näher als noch 2012 (Grafische Darstellung für NRW). Das hat Folgen für den Parteienwettbewerb: „Die AfD kann in Nordrhein-Westfalen konservative Positionen fast alleine besetzen, was zur Landtagswahl 2012 noch die CDU tat. Es bleibt abzuwarten, ob die Positionsänderung der Union klug war“, sagt Debus. Freilich beinhalte die Neupositionierung der Union auch mögliche Vorteile: Ein Bündnis aus SPD und CDU sei nun viel leichter zu verhandeln als bei der letzten Landtagswahl – wobei eine Große Koalition so kurz vor der Bundestagswahl wohl von beiden nicht gewünscht sei, betont Debus.

Relativ gering wären die programmatischen Hürden diesmal für ein sozialliberales Bündnis aus SPD und FDP, wobei eine parlamentarische Mehrheit dafür fraglich scheint. Und eine Beteiligung der Grünen hat die FDP bereits abgelehnt. „Rein inhaltlich gesehen wäre eine Einbeziehung der Grünen in Form einer Ampel- oder Jamaika-Koalition diesmal deutlich unproblematischer als noch vor fünf Jahren. Die Gründe liegen in der leichten, aber statistisch signifikanten Bewegung von SPD und Grünen in die Mitte der wirtschafts- und sozialpolitischen Links-Rechts-Dimension. Eine Kooperation mit der Linken dürfte das wiederum erschweren“, schlussfolgert der Politikwissenschaftler.

Schleswig-Holstein: Klarere Blockbildung als noch 2012

In Schleswig-Holstein ergibt sich für den Wissenschaftler ein anderes Bild: Hier habe sich die FDP inhaltlich klar an die CDU angenähert. Die programmatische Ausrichtung von SPD und Grünen dagegen sei im Vergleich zu 2012 nahezu unverändert. In Kombination mit dem leicht nach links gewanderten SSW – der Partei der dänischen Minderheit – stehe damit ein rot-grüner Block unter Einbindung des SSW einem bürgerlichen Lager aus Christ- und Freidemokraten gegenüber. Linke und AfD positionieren sich in ihren Programmen wirtschafts- bzw. gesellschaftspolitisch außerhalb dieser Lager (Grafische Darstellung für Schleswig-Holstein).

Fazit: Verlieren die Regierungskoalitionen ihre Mehrheit, dann wird es schwierig

Falls die amtierenden Koalitionen keine Mehrheit erringen sollten, dann lassen die Berechnungen des Politikwissenschaftlers für beide Bundesländer schwierige Koalitionsverhandlungen erwarten. „In Düsseldorf würde es aufgrund der Absagen der FDP an eine Jamaika- und Ampelkoalition problematisch werden. Und im Norden wären Jamaika oder die Ampel aus rein inhaltlich-programmatischer Sicht schwieriger als vor fünf Jahren“, resümiert Marc Debus

Weitere Informationen und Kontakt:

Bräuninger, Thomas, und Marc Debus. 2012. Parteienwettbewerb in den deutschen Bundesländern. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaft.

Debus, Marc. 2017. Verrückte Verhältnisse? Wahlverhalten und Parteienwettbewerb in Baden-Württemberg zwischen 2011 und 2016. In: Felix Hörisch und Stefan Wurster (Hrsg.): Das grün‐rote Experiment in Baden-Württemberg. Wiesbaden: Springer, 15-45.

Prof. Dr. Marc Debus
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
Universität Mannheim
Telefon: +49-621-181-2082
E-Mail: marc.debus [at] uni-mannheim.de
http://www.mzes.uni-mannheim.de/d7/de/profiles/marc-debus

Nikolaus Hollermeier
Direktorat / Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
Universität Mannheim
Telefon: +49-621-181-2839
E-Mail: nikolaus.hollermeier [at] mzes.uni-mannheim.de
www.mzes.uni-mannheim.de

(Pressemitteilung Universität Mannheim, 26. April 2017)