Der Effekt eines Männerüberschusses auf Fremdenfeindlichkeit: Paneldatenevidenz aus den neuen Bundesländern

Fragestellung/Ziel: 

In Abwesenheit von Manipulation sind die Geschlechterverhältnisse in der menschlichen Bevölkerung bemerkenswert konstant. Diese natürlichen Verhältnisse wurden jedoch in vielen Teilen der Welt gestört. Veränderungen dieser Art haben, einigen Studien zufolge, einen gewaltigen Einfluss auf die soziale Realtität. Wie in asiatischen und afrikanischen Ländern ist auch in einigen ländlichen Gegenden Deutschlands ein Überschuss an Männern entstanden (innerhalb Europas ist dies ein einzigartiger Fall), aber im Vergleich ist dieser Überschuss weniger dramatisch bezüglich Herkunft und Größe. Diese Veränderung wurde nicht etwa durch spezielle Familienstrukturen oder durch die Präferenzen für Söhne herbeigeführt, sondern durch geschlechtsspezifischer Migration. Während den drei Dekaden nach der Wiedervereinigung Deutschlands haben überwiegend Frauen strukturschwache Gebiete verlassen, vorallem Gebiete der ehemaligen DDR.

Dieses Projekt versucht als erstes die Gründe zu erklären, weshalb gerade Frauen diese Regionen verlassen. Dazu wurde ein Datensatz auf regionaler Ebene erstellt. Für diesen Datensatz wurden demographische, soziale und ökonomische Indikatoren online und aus Archiven gesammelt und diese mit dem ALLBUS kombiniert. Diese Daten umfassen alle regionalen Gebiete Deutschlands der letzten 20 Jahren. Dadurch ist es möglich die demographischen, sozialen und ökonomischen Faktoren zu schätzen, die für eine geschlechtsspezifische Migration verantwortlich sein können. Diese Faktoren haben einen unterschiedlichen Affekt auf die Geschlechter. Es zeigt sich empirisch, dass Frauen aufgrund von höhren Erwartungen auf Bildung und Arbeit, eher und leichter die ländlichen Regionen verlassen als Männer. Auch wenn die ökonomischen Faktoren, wie Arbeitslosigkeit und Einkommensdifferenzen, beide Geschlechter, Männer und Frauen, dazu bewegen zu migrieren, weisen Frauen doch einen niedrigere Hemmschwelle zur Migration auf. Dies führt zu einer neuen sozial-ökonomisch instabilen Schicht. Diese besteht zu einem Großteil aus jungen Männern mit niedriger Bildung und lässt sich nahezu in allen strukturschwachen Regionen Deutschlands finden.

Im Rahmen dieses Projektes wurden aber auch die direkten und indirekten Effekte von unverhältnismäßigen Geschlechterverhältnissen untersucht. Denn es kann zu Problemen mit dem Zusammenleben kommen und eine Abwertung der Partnerschafft kann erfolgen. Als Konsequenz dessen, führt dies zu individueller und kollektiver relativer Deprivation und Anomie. Die Ergebnisse zeigen auch, dass ein Überschuss an Männern – kontrolliert auf demographische und strukturelle Faktoren – zu einer geringeren Anzahl an Heiraten, in ländlichen Gegenden, führt. Ebenso erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass sich Menschen in diesen Gebieten in einem Zustand der Anomie und gefühlter individueller relativer Deprivation befinden. Die meisten Ergebnisse gelten hier für Ost- und Westdeutschland.

Der Überschuss von Männern hat nicht nur diese direkten Auswirkungen, sondern daneben auch weitere indirekte Effekte. Es wurde theoretisch aufgezeigt, dass Xenophobie, Nationalismus und die Wahl von rechten Parteien mit Deprivation und Anomie zusammenhängen. Ein Zusammenhang zwischen dem Wahlverhalten und xenophobischen Tendenzen mit individueller relativer Deprivation und Anomie wird durch die zentralen Ergebnisse gestützt. Ebenso wurde der Zusammenhang zwischen männlichen Überschuss und national Stolz gefunden.

Fact sheet

Finanzierung: 
MZES, Universität Mannheim
Laufzeit: 
2012 bis 2019
Status: 
beendet
Datenart: 
Primärdatenerhebung / Sekundärdaten
Geographischer Raum: 
Deutschland

Veröffentlichungen