Determinanten institutioneller Reformen auf lokaler Ebene und ihre Auswirkungen auf politische Beteiligung und politische Entscheidungen in westeuropäischen Demokratien
Das Projekt fragte nach den Konsequenzen der Reformen lokaler institutioneller Strukturen. Dabei ging es um, die Auswirkungen dieser institutionellen Reformen zunächst auf den lokalen politischen Entscheidungsprozess, dann aber auch auf die Zufriedenheit der Bürger mit dem politischen System und auf das Ausmaß der politischen Beteiligung. Darüber hinaus sollte der Einfluss der parteipolitischen Zusammensetzung lokaler Parlamente und Regierungen auf die Politikergebnisse analysiert werden. Hintergrund dieser Fragestellungen waren die Reformen der institutionellen Strukturen auf lokaler Ebene, die in den vergangenen Jahrzehnten in vielen westeuropäischen Staaten stattfanden. Damit einher ging eine Aufwertung direktdemokratischer Elemente, die den Bürgern größeren Einfluss auf lokale politische Prozesse gab.
In der Projektdurchführung haben wir uns auf die Analyse des politischen Prozesses auf der lokalen Ebene und dabei insbesondere auf den Dualismus von direkt gewähltem Parlament auf der einen und Bürgermeister auf der anderen Seite konzentriert. Zunächst wurde eine Datenbank erstellt, die die programmatischen Dokumente (Wahlprogramme und Koalitionsvereinbarungen) von Parteien und Koalitionen auf lokaler Ebene umfasst. Auf dieser Grundlage wurden mit Hilfe computerisierter Inhaltsanalyseverfahren die programmatischen Positionen lokaler Parteien in deutschen Großstädten ermittelt und herangezogen, um die Determinanten der legislativen Koalitionsbildung auf lokaler Ebene zu identifizieren. Die Ergebnisse zeigen, dass – entgegen vielfacher Vermutungen – auch auf lokaler Ebene die Parteien danach streben, möglichst viele Ämter zu besetzen und Politikinhalte zu implementieren und dass sich die Koalitionsbildung in den Parlamenten auf Basis dieser Determinanten vorhersagen lässt. In einem zweiten Schritt haben wir uns das institutionelle System der lokalen Ebene in Deutschland zunutze gemacht, um die Koalitionsbildung in semi-präsidentiellen Systemen quantitativ zu untersuchen. Auf der Grundlage eines räumlichen Modelles haben wir die Hypothesen formuliert, dass eine legislative Koalition umso wahrscheinlicher sein sollte, wenn die Partei des Staatsoberhaupts – dem auf lokaler Ebene der direkt gewählte Bürgermeister entspricht – in der Koalition vertreten ist und/oder die Position der Koalition möglichst nahe an der Position des Staatsoberhaupts liegt. Die Ergebnisse zeigen empirische Evidenz für die aus dem Modell abgeleiteten Hypothesen. Sie belegen damit, dass die lokale Ebene als funktionales Äquivalent für Nationalstaaten herangezogen werden kann, um quantitative Analysen durchzuführen, für die es auf nationaler Ebene zu wenige Fälle gibt.