Koordination sozialer und medizinischer Dienste für ältere Menschen im internationalen Vergleich: wie Organisationen auf Vermarktlichung reagieren

Fragestellung/Ziel: 

Das Projekt untersuchte die Koordination von Gesundheits- und Pflegediensten für ältere Menschen in vier europäischen Wohlfahrtsstaaten mit unterschiedlichen Gesundheits- und Pflegesystemen. Die Koordination beider Sektoren ist in allen entwickelten Wohlfahrtsstaaten aufgrund der Alterung der Gesellschaft und begrenzter finanzieller Mittel eine zentrale Herausforderung. Auf der Grundlage institutioneller und organisatorischer Theorien erwarteten wir, dass die jeweiligen institutionellen, professionellen und organisatorischen Strukturen der Länder die Koordination erleichtern oder erschweren können. Zugleich erwarteten wir in allen Ländern ähnliche Problemlagen aufgrund fehlender personeller und finanzieller Ressourcen.

In jedem der vier Länder haben wir 10-15 Expertinnen und Experten systemrelevanter Organisationen im Gesundheits- und Pflegesektor interviewt. Die Fragen zielten auf die Koordinationsprobleme und deren Lösungen auf systemischer, professioneller und organisatorischer Ebene. Jedes Interview dauerte 45-60 Minuten. Die meisten Interviews wurden in Präsenz, einige jedoch aufgrund der Corona-Pandemie digital durchgeführt. Die Interviews wurden transkribiert und mit Hilfe der Software MaxQDA und qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.

Die Ergebnisse bestätigen, dass die größten Koordinationsprobleme auf der Systemebene zu verorten sind. Defizite auf dieser Ebene können auch nicht vollständig durch Koordinationsmechanismen auf der professionellen oder organisatorischen Ebene kompensiert werden. Verantwortlich dafür sind in erster Linie der allgemeine Personalmangel, mangelnde Passgenauigkeit der beruflichen Ausbildung bezüglich der erforderlichen Arbeitskompetenzen, fehlende Kommunikation und Mangel an Kooperation aufgrund hohen Wettbewerbsdrucks. Zugleich gibt es gemäß unseren Befunden einige institutionelle Merkmale, die die Koordination innerhalb aller Systeme erleichtern: lokale Organisation, hochqualifiziertes Pflegepersonal, gezielte, zweckgebundene Finanzierung, effektive digitale Kommunikationsstrukturen, Zugangs- und Lotsensysteme (Gatekeeping) innerhalb des Gesundheitssektors und begrenzter Wettbewerb im Pflegebereich. Es zeigte sich, dass Schweden und die Niederlande insgesamt bessere systemische Bedingungen für eine effektive Koordination bieten. Einzelne Instrumente dieser Systeme ließen sich aber unseren Befunden zufolge auch in den anderen Kontexten implementieren.

Fact sheet

Finanzierung: 
DFG
Laufzeit: 
2015 bis 2022
Status: 
beendet
Datenart: 
Verschiedene internationale und nationale Datenquellen
Geographischer Raum: 
Deutschland und andere europäische Länder

Veröffentlichungen

Bücher

Bahle, Thomas, Mareike Ariaans, Katharina Koch und Claus Wendt (2023): Healthcare and Elderly Care in Europe: Institutions, Challenges, and Solutions for Better Coordination. Cheltenham, Northampton: Edward Elgar Publishing. mehr