Die Europäische Union im Internationalen Handelssystem (Europäisches Forschungs- und Training Netzwerk “Dynamik und Hindernisse Europäischen Regierens”)
Der Mannheimer Knoten des Europäischen Forschungs- und Trainingsnetzwerkes „Dynamik und Hindernisse Europäischen Regierens“ untersuchte verschiedene Aspekte der Handelspolitik der Europäischen Union (EU). Das Ziel des Forschungsprojekts war es, sowohl die internen Entscheidungsprozesse innerhalb der EU als auch das Agieren der EU in der Welthandelorganisation (WTO) zu analysieren.Zuerst untersuchten wir, wie die institutionellen Strukturen für Handelspolitik in der EU beschaffen sind. Um diese Frage zu beantworten, verglichen wir auf systematische Weise die Institutionen für Handelspolitik in der EU und in den Vereinigten Staaten (USA). Diese Untersuchung warf folgende weitere Fragen auf: Welche Faktoren beeinflussen die Delegation von Kompetenzen im Bereich der Handelspolitik vom Parlament zur Exekutive wie sie in beiden politischen Systemen beobachtet werden kann? Und wie stellen die Prinzipale (der Ministerrat in der EU und der Kongress in den USA) sicher, dass die Agenten nicht ihre eigenen Präferenzen verteidigen? Unsere Antwort zu diesen Fragen lautet, dass Gesetzgeber versuchen, sowohl Export- als auch importkonkurrierende Interessen zu befriedigen, indem sie Handelskompetenzen an eine Serie von Agenten delegieren. Die Delegation wird von Maßnahmen begleitet, die sicherstellen sollen, dass die Agenten ihre Kompetenzen nicht missbrauchen. Dieses Forschungsresultat wurde in der Dezember 2005 Ausgabe von „Comparative Political Studies“ veröffentlicht.Unsere Forschung zeigte auch, dass die EU im Gebiet der Handelspolitik trotz ihrer großen Anzahl an Vetospielern überraschend erfolgreich ist, Blockaden des Entscheidungsfindungsprozesses zu vermeiden. Diese Beobachtung steht im Widerspruch zur Vetospielertheorie, die voraussagt, dass mit einer zunehmenden Anzahl von Vetospielern auch der Grad der Politikstabilität zunehmen sollte. Um dieses abweichende Ergebnis im Bereich der EU Handelspolitik zu erklären, argumentieren wir, dass der institutionelle Rahmen der EU „issue linkages“ fördert, die wiederum das Finden gemeinsamer Positionen ermöglichen.Schließlich analysierten wir auch die sogenannten „neuen“ oder nicht direkt handelsbezogenen Themen in internationalen Handelsverhandlungen. Diese umfassen, unter anderem, intellektuelle Eigentumsrechte, Regulierungen im Bereich des Gesundheitswesens, internationale Produktstandards, Sozial- und Umweltstandards, alles Politikbereiche in denen Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) mit unterschiedlichem Erfolg verhandelt haben. Hat die Juridifizierung der WTO in Form einer verbindlichen Konfliktschlichtung durch Dritte, dem WTO Streitschlichtungsverfahren, den WTO Abkommen größere Glaubwürdigkeit verliehen? Hat diese größere Glaubwürdigkeit die politischen Akteure zum Versuch verleitet, immer mehr Fragen, die nicht direkt handelsrelevant sind, unter die Jurisdiktion der WTO zu bringen, zum Ausschluss von stärker spezialisierten UN Behörden? Mit Bezug auf diese Fragen untersuchten wir die Positionen und Strategien der Europäischen Union als eines der bedeutendsten Befürwörter der Einführung von nicht direkt handelsrelevanten Fragen in das multilaterale Handelssystem.Der Mannheimer Knoten des Netzwerkes hatte zudem die Aufgabe, ein Buch vorzubereiten (herausgegeben von Dirk De Bièvre und Christine Neuhold), in dem alle Mitglieder des Netzwerkes ihre Forschungsergebnisse präsentieren.