Migranten als politische Akteure

Fragestellung/Ziel: 

Wie gut sind Bürger mit Migrationshintergrund (MH) parlamentarisch repräsentiert? Und macht ihre politische Repräsentation im politischen Prozess und hinsichtlich politischer Ergebnisse einen Unterschied? Diesen Forschungsfragen wurde im Lichte der theoretischen Annahmen einer Politics of Presence und der Parteiendifferenz erstmalig systematisch für Deutschland und international vergleichend nachgegangen.

Für die verschiedenen politischen Ebenen (national, regional und lokal) wurden zum einen wiederholt umfangreiche Recherchen zur Identifikation von Abgeordneten mit MH durchgeführt, Informationen zum persönlichen und (partei-)politischen Hintergrund zusammengetragen, die elektoralen Kontexte systematisiert sowie das parlamentarische Verhalten (Anfragen, Reden) und die Karriereverläufe analysiert. Die beobachteten Muster und Ergebnisse wurden mit den theoretischen Erwartungen verglichen, aber auch zur weiteren Hypothesenentwicklung und Spezifikation theoretischer Ansätze herangezogen.

Es konnte nicht nur gezeigt werden, dass Anzahl und Anteile von Abgeordneten mit MH im Zeitverlauf zugenommen haben, sondern auch, dass Parteien der politischen Linken im Vergleich zu Mitte-rechts-Parteien mehr Abgeordnete mit MH stellen. Es bestehen parteispezifisch (z.B. nach Bildungsstand) unterschiedliche und auch migrationsspezifische Selektionsmuster (z.B.im Hinblick auf Herkunftsländer). Trotz der Abdeckung der meisten Politikfelder durch Abgeordnete mit MH besteht insbesondere von Seiten der Parteien ein Interesse daran, dass solche Abgeordneten migrationsspezifische Politikfelder (mit) abdecken. Sowohl in parlamentarischen Anfragen als auch in Reden setzen Abgeordnete mit MH migrationsspezifische Schwerpunkte; das stützt die theoretischen Annahmen der Politics of Presence. Die Untersuchung der Karriereverläufe zeigt, dass zum einen viele Abgeordnete mit MH nur eine Legislaturperiode im Parlament vertreten sind, zum anderen, dass ein vergleichsweise hoher Anteil lange im Parlament vertreten ist. Mit einem politischen Aufstieg (bspw. in die Fraktionsführung) verblassen allerdings migrationsspezifische Schwerpunktsetzungen.

Durch die Forschungsergebnisse ergaben sich bereits etliche neue Forschungsfragen. Einigen davon geht das internationale Projekt „Pathways“ nach, an dem der Leiter des hier beschriebenen Projektes beteiligt ist.

Fact sheet

Finanzierung: 
VW-Stiftung
Laufzeit: 
2006 bis 2015
Status: 
beendet
Datenart: 
Eliteninterviews, Analyse von Partei- und Parlamentsdokumenten, schriftliche Befragung
Geographischer Raum: 
Westeuropa einschließlich Europaparlament

Veröffentlichungen

Bücher

Bird, Karen, Thomas Saalfeld und Andreas M. Wüst (Hrsg.) (2011): The Political Representation of Immigrants and Minorities: Voters, Parties and Parliaments in Liberal Democracies. London: Routledge. [Routledge/ECPR Studies in European Political Science; 70] mehr