Moderne Migrationsmessung: Kombination von Befragung und Passiver Datenerhebung bei asylsuchenden Flüchtlingen

Fragestellung/Ziel: 

Das Sammeln von Daten über Geflüchtete ist notwendig, um die politischen Entscheidungsträger bei der Erstellung nachhaltiger Integrationskonzepte zu unterstützen und das wissenschaftliche Verständnis der Migrations- und Integrationsprozesse im Allgemeinen zu verbessern. Es kann jedoch schwierig sein, Geflüchtete in Aufnahmezentren und Sammelunterkünften persönlich zu befragen und ihnen dann in einer Längsschnittstudie weiter zu folgen. In diesem Projekt haben wir untersucht, ob die Anwendung der Smartphone-Technologie diese Probleme lindern kann.

Im Rahmen des Projekts wurden persönliche Interviews mit 529 arabisch- und englischsprachigen Geflüchteten in Unterkünften zur vorläufigen Unterbringung in drei Bezirken Baden-Württembergs geführt. Anschließend luden wir die Befragten zu vier mobilen Webbefragungen ein und baten sie, eine Forschungsapp auf ihrem Smartphone zu installieren, die über einen Zeitraum von drei Monaten passiv Daten zum ungefähren Standort des Smartphones sowie zur Internet- und Appnutzung auf dem Smartphone sammelte.

94 Prozent der Geflüchteten gaben an ein Smartphone zu besitzen, eine Penetrationsrate für mobile Geräte, die höher ist als die der allgemeinen Bevölkerung in Deutschland. Der Besitz von Smartphones korrelierte weder mit soziodemografischen Merkmalen noch mit Bildung und Asylstatus. Etwa ein Viertel der Befragten geflüchteten, die in unseren persönlichen Interviews Ihre Kontaktinformationen angegeben hatten, nahm einen Monat später an der ersten mobilen Webbefragung teil. In den nachfolgenden Wellen der mobilen Webbefragung stellten wir jedoch erhebliche Ausfallraten fest. Nur fünf Prozent der Geflüchteten installierten unsere Forschungsapp. Geringe Lesekompetenz korrelierte signifikant mit der Nichtteilnahme an der Appstudie.

Unsere Studie unterstreicht einerseits frühere empirische Ergebnisse zur Rolle des Smartphones für das Leben von Geflüchteten im Gastland. Auf der anderen Seite zeigt die Studie die Grenzen der Nutzung des Smartphones für die Längsschnittdatenerhebung im Kontext von Forschung unter Geflüchteten auf. Es war sehr schwierig, eine ausreichend große Stichprobe für die Appstudie zu rekrutieren und die Ausfallrate bei der mobilen Webbefragung im Längsschnitt war hoch. Obwohl wir die Datenmenge und die Granularität der mittels passiver Messung erfassten Informationen in unserer Studie bewusst begrenzt haben, nahmen die Geflüchteten diese Art der Datenerfassung möglicherweise als zu invasiv wahr.

Fact sheet

Finanzierung: 
MZES
Laufzeit: 
2016 bis 2020
Status: 
beendet
Datenart: 
Primärerhebung
Geographischer Raum: 
Deutschland

Veröffentlichungen