Neuer Markt, alte Ungleichheit? Experimentelle Studien zur unterschiedlichen Bezahlung von Männern und Frauen in den Sozialen Medien

Obwohl es in den meisten entwickelten Ländern in den letzten Jahren zu einer leichten Angleichung des Gehalts von Männern und Frauen gekommen ist, verdienen Frauen im Schnitt immer noch weniger als Männer (Eurostat 2018). Im schnell wachsenden Markt des sogenannten Influencer*innen-Marketings scheint dieser Unterschied in der Entlohnung der Geschlechter sogar noch größer zu sein. Laut dem Marktbericht IZEA Insights (2021) haben hier Männer über alle Sozialen Medien hinweg einen deutlichen Vorteil von 24%. Dies ist ein schlechtes Vorzeichen für das Ziel der Geschlechtergleichheit, da das Influencer*innen-Marketing eigentlich alle Voraussetzungen für eine stärkere Gleichstellung mitbringt: sehr niedrige Eingangsbarrieren im Hinblick auf finanzielle Ressourcen und formale Bildung, keine traditionellen Strukturen und Hierarchien, und eine große Flexibilität bei den Arbeitszeiten. Außerdem wird von Influencer*innen Vertrauenswürdigkeit und Kommunikationsstärke erwartet, Eigenschaften die üblicherweise eher Frauen zugeschrieben werden und somit deren Verhandlungssituation verbessern sollten (Duffy & Pruchniewska, 2017). Insofern sollten also viele der traditionell angeführten Gründe für eine ungleiche Entlohnung in diesem Bereich nicht zum Tragen kommen. Zusätzlich kann der Influencer*innen-Beruf als Prototyp für das Arbeitsumfeld der Zukunft gesehen werden, in dem selbständige digitale Arbeitnehmer*innen ohne Gewerkschaftsbindung und -vertretung zwischen verschiedenen Gruppen von Marktakteur*innen navigieren. Daher ist es umso wichtiger, die schlechtere Bezahlung von Frauen in diesem Bereich zu untersuchen, da wir auf diese Weise beginnen können, frühzeitig über mögliche Gegenmaßnahmen nachzudenken. In diesem Projekt wollen wir die Grundlagen für diese Diskussion legen. Zu diesem Zweck führen wir eine Reihe von Experimenten zur Untersuchung der Ursachen für die schlechtere Entlohnung auf dem Influencer*innen-Markt durch und ergänzen deren Erkenntnisse durch die Analyse von Sekundärdaten und Tiefeninterviews mit relevanten Marktakteur*innen.