Verborgene Wahlkämpfer: Politiker auf dem Wikipedia-Marktplatz der Informationen

Fragestellung/Ziel: 

Dieses Projekt zielt darauf ab, versteckte Kampagnenaktivität auf Wikipedia durch Wahlkreiskandidaten in drei westlichen Demokratien—Deutschland, Belgien und den Vereinigten Staaten—zu studieren. Die Popularität der Wikipedia und deren Ruf als vertrauenswürdige und neutrale Informationsquelle macht persönliche Biografien auf der Plattform zu einem attraktiven Medium für Politiker, um ihre Online-Präsenz effektiv und auf ihre Wählerschaft zugeschnitten zu verbessern. Im Zentrum des Projekts steht die Frage, ob und wie politische Eliten sich diese Plattform zunutze machen und welche Rolle dabei wahlsystemische Anreize spielen. Über IP-Adressbereiche, die Parlamenten und darin angesiedelten Abgeordnetenbüros zugeordnet werden können, ist es möglich, Rückschlüsse auf den Urheber dieser Editierungen zu ziehen. Mithilfe von Machine-Learning- und Crowdsourcing-Techniken wird die Qualität von Editierungen identifiziert. Um herauszufinden, inwiefern Änderungen an Wikipedia-Einträgen Wählermeinungen zu politischen Kandidaten beeinflussen können, kommen Online-Experimente zum Einsatz.

Im Vergleich zu anderen Online-Kanälen politischer Kommunikation stellt Wikipedia eine attraktive Plattform für politische Kandidaten dar, um bei Wählern für sich zu werben. Wikipedia ist eine breit genutzte Quelle politischer Information und wird häufig als neutral angesehen. Indem jeder zu jedem Zeitpunkt zu diesem öffentlich zugänglichen Gemeinschaftsprojekt beitragen kann, werden auf Wikipedia eine Vielzahl von Werten, Einstellungen und Meinungen zusammengeführt—gerade dann, wenn es um umstrittene Themen geht, zu denen Artikel mit politischem Bezug gehören. Somit stellt die Wikipedia einen Ort lebhafter politischer Kommunikation dar. Politiker sind sich des (positiven wie negativen) Potenzials dieser Plattform bewusst. Glücklicherweise werden alle Interaktionen auf der Plattform in öffentlich zugänglichen Editierungs-Archiven aufbewahrt, die es ermöglichen, Zeit, Typ, Inhalt und Quelle der Editierung zu identifizieren.

Unter Verwendung dieser einzigartigen Informationen zielt das Projekt darauf ab, strategisches Verhalten einzelner Abgeordneter sichtbar zu machen und darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse zur Rolle der Wikipedia in der politischen Kommunikation und Online-Kampagnenführung zu liefern. Insbesondere stehen dabei folgende Fragen im Vordergrund: Wie hat sich die Plattform im Laufe der Zeit als Werkzeug für „verborgene“ Kampagnenführung entwickelt? Weshalb nutzen manche Politiker diese Plattform, andere jedoch nicht? Und inwiefern wirken inhaltliche Änderungen auf die Wahrnehmung politischer Kandidaten bei Wählern? Da sowohl Wahlanreize als auch kulturelle Faktoren des Online-Wahlkampfs eine Rolle spielen können, finden drei Fälle empirische Beachtung, die sich hinsichtlich dieser Faktoren unterscheiden: Deutschland, Belgien und die Vereinigten Staaten.

Arbeitsstand: 

Das Forschungsprojekt wird nach dem Weggang des Projektleiters an anderem Ort fortgesetzt.

Fact sheet

Finanzierung: 
MZES
Laufzeit: 
2016 bis 2017
Status: 
an anderer Stelle weitergeführt
Datenart: 
Beobachtungsdaten aus dem Web, Online-Experimentdaten
Geographischer Raum: 
Deutschland, USA, Belgien

Veröffentlichungen