Wahlkämpfe im Wahlkreis: Individualisierung politischer Repräsentation?

Fragestellung/Ziel: 

Der tiefgreifende Wandel in der Funktionsweise politischer Parteien lenkt den Blick auf politische Repräsentanten als mögliche alternative Bindeglieder zwischen Bürger und Staat. Vor diesem Hintergrund untersuchte dieses Projekt die Wahlkämpfe der Kandidatinnen und Kandidaten der Parteien unter mehreren Gesichtspunkten. Es legte einen Schwerpunkt auf den Wahlkampfstil der Kandidaten und ging den folgenden Forschungsfragen nach: Wie können individualisierte Wahlkämpfe systematisch beschrieben werden? Wie unterscheiden sich solche Wahlkämpfe von parteibezogenen Wahlkämpfen? In welchem Ausmaß deuten sich in den Wahlkämpfen in den europäischen Parteiendemokratien Tendenzen der Individualisierung an? Welche Faktoren befördern und welche behindern solche Tendenzen? Auf der Basis zweier Wellen des Comparative Candidates Survey (CCS) wurden Kandidaten zu nationalen Parlamentswahlen in Europa befragt. Eine dritte Welle von Umfragen ging 2018 ins Feld. In diesen Umfragen wurden die Wahlkämpfe von Kandidaten in verschiedenen Ländern und unter verschiedenartigen relevanten Anreizstrukturen untersucht. Dadurch wurde ermittelt, ob diese Anreizstrukturen den Wahlkampf der Kandidaten beeinflussten.

Eine vergleichende Datenbasis mit etwa 50 Kandidaten-Umfragen, die mit dem Fragebogen der ersten Welle des CCS erhoben wurde, ist durch das Schweizer Datenarchiv FORS veröffentlicht worden. Zudem liegt eine vorläufige Version der integrierten Daten der zweiten Umfragewelle vor. Auf dieser Grundlage wurden eine ganze Reihe von Beiträgen zu wissenschaftlichen Zeitschriften sowie Konferenzpapieren veröffentlicht. Die Veröffentlichung eines vergleichenden Buches über die Ergebnisse der ersten Umfragewelle bei Routledge befand sich bei Abschluss des Projekts in einem weit fortgeschrittenen Planungsstadium. Die drei Herausgeber dieses Buches – Lieven de Winter (Louvain und Brüssel), Rune Karlson (Oslo) und Hermann Schmitt (Manchester und Mannheim) – haben sehr positive Stellungnahmen zu den Inhalten erhalten, so dass zum Zeitpunkt des Projektabschlusses von einer baldigen Realisierung der Veröffentlichung ausgegangen werden konnte.

Angesichts des Datenreichtums, der über die Projektlaufzeit angesammelt wurde, und der Vielzahl der Forscher, die in Deutschland und weit darüber hinaus diese Daten analysiert haben, ist es nicht ganz einfach, die zentralen Ergeb¬nisse zusammenzufassen. Nach mehr als einem Jahrzehnt empirischer Forschung über personalisierte Wahlkämpfe scheint jedoch klar zu sein, dass politische Parteien nach wie vor die zentralen Agenten politischer Repräsentation sind. Während es Tendenzen der Personalisierung von Wahlkämpfen durchaus gibt, wurden wenig Anzeichen dafür gefunden, dass individuelle Kandidaten die Rolle von politischen Parteien als Vermittler zwischen Bürger und Staat übernommen hätten.

Fact sheet

Finanzierung: 
Universität Mannheim, DFG, Thyssen Stiftung
Laufzeit: 
2005 bis 2018
Status: 
beendet
Datenart: 
Umfrage
Geographischer Raum: 
Europa

Veröffentlichungen

Bücher

Behnke, Joachim, Thomas Gschwend, Delia Schindler und Kai-Uwe Schnapp (Hrsg.) (2006): Methoden der Politikwissenschaft. Neuere qualitative und quantitative Analyseverfahren. Baden-Baden: Nomos. mehr