Frank Schimmelfennig
Internationale Sozialisation: Von einem "erschöpften" zu einem produktiven Forschungsprogramm?

S. 401-427 in: Gunther Hellmann, Klaus Dieter Wolf, Michael Zürn (Hrsg.): Die neuen Internationalen Beziehungen. Forschungsstand und Perspektiven in Deutschland. 2003. Baden-Baden: Nomos
[Weltpolitik im 21. Jahrhundert]

Mit dem Aufstieg des konstruktivistischen Forschungsprogramms und dem Interesse an normgeleiteten Prozessen des Wandels in den internationalen Beziehungen ist „internationale Sozialisation“ nach dem Niedergang der funktionalistischen Integrationstheorie erneut zu einem zentralen Gegenstand der IB geworden. Der Beitrag untersucht die Wurzeln der „neuen“ Sozialisationsforschung und behandelt aktuelle konzeptionelle und theoretische Probleme. Er diskutiert Schwierigkeiten der Definition, Abgrenzung und kausalen Analyse internationaler Sozialisation, unterscheidet Mechanismen der Sozialisation und Bedingungen, unter denen internationale Sozialisation erfolgreich ist. Anschließend stellt er die Ergebnisse von zwei deutschen Forschungsprojekten, die sich mit der internationalen demokratischen und Menschenrechtssozialisation in den Ländern des „Südens“ und des „Ostens“ befassen. Er schließt mit dem Befund, dass die deutschsprachige Forschung über internationale Sozialisation international gut integriert, wettbewerbsfähig und impulsgebend ist, plädiert aber gleichzeitig für ihre engere Verknüpfung mit der allgemeinen Forschung über nationale Wirkungen internationaler Institutionen.

After it had declined together with functionalist integration theory, international socialization has again become a central research issue in IR due to the rise of the constructivist research program and growing interest in processes of norm-guided change in international relations. The chapter examines the roots of the “new” research on international socialization as well as conceptual and theoretical issues it currently faces. It discusses problems of definition, distinction, and causal analysis and it distinguishes mechanisms of socialization and the conditions under which they operate and are successful. It then presents results of two German research projects on the democratic and human rights socialization of “Southern” and “Eastern” countries. It concludes that German research on international socialization is well integrated internationally, competitive, and innovative but would benefit from a closer connection with general research on domestic effects of international institutions.