Frank Schimmelfennig
Klub oder Gemeinschaft? Eine Kritik der klubtheoretischen Analyse der Erweiterung europäischer Regionalorganisationen

S. 171-199 in: Thomas Plümper (Hrsg.): Politische Integration. 2003. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag

Der Beitrag bietet eine Kritik der klubtheoretischen Erweiterungsanalyse. In einem ersten Schritt argumentiere ich, daß die ursprünglich von Buchanan formulierte Hypothese über die Erweiterung zwar einfach und elegant, aber unvollständig und unterspezifiziert ist. In der weiteren Entwicklung der Klubtheorie und bei ihrer Anwendung auf internationale Organisationen sind daher erweiterte Modelle entwickelt worden, die zwar größere Vollständigkeit beanspruchen können, aber nicht nur weiterhin unterspezifiziert sind, sondern auch so komplex zu werden drohen, daß ihre empirische Anwendung grundsätzlich in Frage steht. In einem zweiten Schritt werde ich zeigen, daß klubtheoretische Analysen an der Erklärung der Osterweiterung von EU und NATO scheitern. Einige kommen zu keinem eindeutigen Ergebnis, andere zu Ergebnissen, die die Osterweiterung aus der Perspektive der Mitgliedstaaten als ineffizient und irrational erscheinen lassen. Dem Klub-Modell regionaler Organisationen stelle ich abschließend ein Gemeinschafts-Modell gegenüber. Gemeinschaftsorganisationen haben ein kulturelles Fundament – ein Gemeinschaftsethos, das sich aus einer gemeinsamen Wir-Identität und gemeinsamen Werten und Normen speist. Demnach entscheidet sich die Erweiterung einer Organisation nicht an der Kosten-Nutzen-Bilanz für die Produktion und Nutzung der Klubgüter, sondern an der Frage, inwiefern die Beitrittskandidaten den Gemeinschaftsethos teilen. In dieser Perspektive kann die aus Sicht der Klubtheorie rätselhafte Osterweiterung von EU und NATO erklärt werden.

The chapter is a critique of the club-theoretical analysis of the enlargement of regional organizations. First, I argue that Buchanan's original club-theoretical hypothesis about enlargement is simple and elegant but incomplete and underspecified. By contrast, more recent developments in the club-theoretical analysis provide more complete analyses, which, however, tend to become too complex for empirical analysis. Second, I show that club theory fails to explain the Eastern enlargement of EU and NATO. Finally, I confront the club model of regional organizations with a community model, which accounts for Eastern enlargement.