Benjamin G. Engst, Thomas Gschwend, Sebastian Sternberg
Die Besetzung des Bundes­verfassungs­gerichts. Ein Spiegelbild gesellschaft­licher Präferenzen

Politische Vierteljahresschrift, 2020: 61, Heft 1, S. 39-60
ISSN: 0032-3470 (print), 2364-9976 (online)

Welche Kandidierenden wünscht sich die Öffentlichkeit als Richterinnen und Richter am Bundesverfassungsgericht? Verfassungsgerichte benötigen öffentliche Unterstützung. Diese ergibt sich auch aus der Legitimität der gewählten Richterinnen und Richter. Wir argumentieren, dass politische Akteure durch (nicht-)institutionalisierte Auswahlkriterien die (1) juristische und (2) politisch-ideologische Ausrichtung des Gerichts bestimmen. Kandidierende besitzen Eigenschaften beider Dimensionen. Durch ein Discrete-Choice-Experiment ermitteln wir die öffentlich präferierten Eigenschaften. Wir zeigen, welche Rolle die politische Position von Befragten bei der Bewertung von Kandidierenden spielt und vergleichen die „ideale Richterin“ mit aktuellen Richterinnen und Richtern sowie Kandidierenden rund um Stephan Harbarths Wahl. Die Ergebnisse erweitern unser Verständnis von gerichtlicher Legitimität.

Which candidates do the German public want to be judges of the Federal Constitutional Court? Constitutional courts require public support. This support is also the result of the legitimacy of the politically elected judges. We argue that political actors are able to define the (1) judicial and (2) political–ideological leaning of the court through (non-)institutionalized selection criteria. Candidates possess features from both dimensions. Using a discrete choice experiment, we identify the features that are preferred by the public. We show the role of a respondent’s partisan leaning in evaluating his/her candidate and compare the “ideal judge” with currently serving judges and candidates in relation to the election of Stephan Harbarth. The findings expand our understanding of the legitimacy of the courts.