Cornelia Kristen
Ethnische Diskriminierung in der Grundschule? Die Vergabe von Noten und Bildungsempfehlungen

Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 2006: 58, Heft 1, S. 79-97

Das nachteilige schulische Abschneiden von Zuwandererkindern wird regelmäßig mit ethnischen Diskriminierungen seitens der Schule in Verbindung gebracht. Obwohl sich zeigen lässt, dass die Diskriminierung keine Schlüsselrolle in einer Erklärung ethnischer Bildungsungleichheiten spielt, ist noch immer unbekannt, welche Bedeutung ihr genau zukommt. Dieser Frage wird am Beispiel des ersten Bildungsübergangs nachgegangen. Im Anschluss an die Diskussion möglicher Ursachen der Diskriminierung wird untersucht, ob sich ethnische Diskriminierungen in den Lehrerbeurteilungen (Zensuren, Bildungsempfehlungen) feststellen lassen. Die Auswertungen einer Studie zu sechs Mannheimer Grundschulen ergeben, dass nach Einbeziehen von Testergebnissen, welche unabhängig von den Lehrereinschätzungen spezifische Fähigkeiten der Kinder abbilden, weder Hinweise auf ethnisch verzerrte Beurteilungen bei der Mathematiknote noch bei den Schullaufbahnempfehlungen zu finden sind. Die für die Deutschnote verbleibenden Nachteile für türkische und italienische Kinder sind vermutlich auf das unvollständige Testinstrument im Deutschen zurückzuführen. Von einer systematischen Schlechterstellung von Migrantenkindern aufgrund von Diskriminierungen bei den Leistungsbeurteilungen kann derzeit nicht ausgegangen werden.

Immigrant children’s poor academic achievement is often associated with ethnic discrimination in schools. Although evidence on the current German situation shows that discrimination does not play a key role in the explanation of ethnic differences in education, the question still remains unsolved what its precise relevance is. The paper addresses this problem for the first educational transition from primary to secondary schooling. After discussing several causes of discrimination, it is studied whether ethnic discrimination in teacher assessments prevails (i.e. grading and transition recommendations). The data stem from a quantitative study on six primary schools in the German city of Mannheim. Standardized achievement measures serve as performance indicators. Independently from teacher assessments, they reflect ability in different areas. The results do not provide evidence for ethnic discrimination in grading in “Maths” and also none for the transition recommendation. Only with respect to grading in “German language” disadvantages remain for Turkish and Italian children. Presumably, this result is due to the incompleteness of the German ability measure. So far empirical evidence suggests that teachers do not systematically discriminate in their performance assessments.