Rüdiger Schmitt-Beck
Euro-Kritik, Wirtschaftspessimismus und Einwanderungsskepsis: Hintergründe des Beinah-Wahlerfolges der Alternative für Deutschland (AfD) bei der Bundestagswahl 2013

Zeitschrift für Parlamentsfragen, 2014: 45, Heft 1, S. 94-112
ISSN: 0340-1758 (online)

2.056.985 Wähler haben sich am 22. September 2013 für die Alternative für Deutschland (AfD) entschieden und damit einer Partei zu einem Zweitstimmenanteil von 4,7 Prozent verholfen, die erst sieben Monate zuvor gegründet worden war. Nur um knapp 125.000 Stimmen verfehlte sie den Einzug in den Bundestag und kam damit näher an die Fünf- Prozent-Schwelle heran als jede andere Kleinpartei zuvor. Würden alle Wähler der AfD bei der Wahl zum Europäischen Parlament (EP) im kommenden Juni wieder für diese Partei stimmen, wären ihr – unter der Annahme einer ähnlich geringen Wahlbeteiligung wie bei der Vorwahl – sechs oder sieben der 96 deutschen Sitze im EP sicher. Aus dem Beinah- Wahlerfolg bei der Bundestagswahl würde dann ein tatsächlicher bundesweiter Wahlerfolg, der die Karten für künftige Wahlen in Deutschland zumindest auf mittlere Frist neu mischen würde. Zudem würden die deutschen Wähler in Straßburg erstmals auch durch Abgeordnete einer dezidiert europakritischen Partei vertreten. Die Bedingungen des Parteienwettbewerbs in Deutschland würden sich in verschiedener Hinsicht signifikant verändern. Welche Gründe, einen beachtlichen Teil der deutschen Wählerschaft veranlasst haben, bei der Bundestagswahl 2013 für die AfD zu stimmen, soll mit Hilfe einer repräsentativen Panelbefragung von Wählern untersucht werden, die im Rahmen der German Longitudinal Election Study (GLES) 2013 durchgeführt wurde. Da die AfD vor dem Hintergrund der europäischen Schuldenkrise als Euro-skeptische Partei auf die politische Bühne getreten war und ihre Hauptforderung die Auflösung der Währungsunion ist, stellt sich zunächst die Frage, ob sie aufgrund dieser Positionierung und vielleicht auch aus anderen wirtschaftspolitischen Gründen so erfolgreich war. Da sich die Partei zumindest punktuell auch zu anderen politischen Themen geäußert hat, ist überdies von Interesse, ob es allein die aktuellen Probleme im europäischen Währungsraum waren, die ihr Wähler zugeführt haben, oder ob sie auch aus anderen Motiven unterstützt wurde. Darüber hinaus wird die explorative Absicht verfolgt, zu ermitteln, ob es noch andere Faktoren gegeben hat, die zum guten Abschneiden der AfD beigetragen haben.