Franz Urban Pappi, Jens Brandenburg
Soziale Einflüsse auf die Klassenwahl im Generationen- und Periodenvergleich: Eine Analyse für Westdeutschland

Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 2008: 60, Heft 3, S. 457-472
ISSN: 0023-2653

Soziale Einflüsse auf die Klassenwahl wirken sich als höhere Wahrscheinlichkeit zur SPD-Wahl bei Arbeitern in klassenhomogenen Umwelten aus. Diese Umwelten sind als ego-zentrierte Netzwerke erfassbar. Dieser Einfluss ist nur noch für ältere Wählerkohorten und frühere Bundestagswahlen nachweisbar. Dieses Ergebnis wird ergänzt um ein dynamisches Einflussmodell, das die Beziehung zwischen der dauerhafteren Parteiidentifikation und der aktuellen Wahlabsicht thematisiert. Danach werden Arbeiter, die nicht Anhänger einer Partei sind, von Arbeiterkontakten in Wahlkampfzeiten zur SPD-Wahl motiviert. Mit den ALLBUS-Umfragen für 1980, 1990 und 2000, deren Feldarbeit nicht zu Wahlkampfzeiten stattfand, ist dieser Effekt nicht nachweisbar. Was sich im Zeitverlauf nicht verändert hat, ist die schwerpunktmäßige Rekrutierung der Freunde und Bekannten aus derselben Schicht und die Verstärkung der subjektiven Schichtidentifikation durch die entsprechenden schichthomogenen Kontakte. Allgemein ausgedrückt: Die Politisierung der Sozialstruktur hat abgenommen, der Einfluss der Sozialstruktur auf die Alltagsinteraktionen der Wählerschaft ist geblieben.