Ulf Liebe, Elias Naumann, Andreas Tutić
Sozialer Status und prosoziales Handeln: Ein Quasi-Experiment im Krankenhaus

Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 2017: 69, Heft 1, S. 109-129
ISSN: 0023-2653 (print); 1861-891X (online)

Soziologische, sozialpsychologische und ökonomische Forschung zum Zusammenhang von sozioökonomischem Status und Prosozialität hat bisher widersprüchliche Befunde geliefert. Einige Studien belegen, dass Akteure mit hohem sozialen Status egoistischer als Akteure mit geringem sozialem Status handeln. Andere Studien finden gerade den gegenteiligen Effekt. Im Unterschied zur bisherigen Forschung, die mit eindimensionalen Maßen für sozioökonomischen Status gearbeitet hat, untersucht die vorliegende Studie prosoziales Handeln von Berufsgruppen, die in regelmäßigem lebensweltlichen Kontakt miteinander stehen. Über 150 Angestellte in Krankenhäusern (Ärzte, Pflegepersonal und Pflegeschüler) haben an Experimenten zum altruistischen Geben in Diktatorspielen teilgenommen. Es zeigen sich klare und überraschend starke Effekte: Sozial besser gestellte Akteure zeigen sich deutlich prosozialer als sozial schlechter gestellte Akteure. Zudem finden wir kaum Eigengruppeneffekte, die in der Forschung immer wieder postuliert werden. Unsere Ergebnisse stützen die Annahme eines positiven Zusammenhangs zwischen sozialem Status und Prosozialität und deuten darauf hin, dass die bisherigen, teilweise widersprüchlichen Forschungsbefunde zu einem beträchtlichen Teil durch problematische Maße für sozialen Status und das experimentelle Design bedingt sind.