Rüdiger Schmitt-Beck
Wähler und Parteien bei der Bundestagswahl 2017: Eine Analyse des Entscheidungsverhaltens auf der Basis von Paneldaten der German Longitudinal Election Study

Zeitschrift für Staats- und Europawissenschaften, 2017: 15, Heft 4, S. 627-656
ISSN: 1610-7780 (print); 1612-7013 (online)

Der Beitrag versucht eine Momentaufnahme des deutschen Wählerverhaltens in einer Zeit hoher Wechselhaftigkeit. In langfristiger (von 2013 bis 2017) und kurzfristiger Perspektive (im Verlauf des Wahlkampfes 2017) betrachtet er Stabilität und Wandel der Parteipräferenzen. Gestützt auf ein umfassendes Modell des Wählerverhaltens werden die Hintergründe der Wahlentscheidungen bei der Bundestagswahl 2017 für alle im Bundestag vertretenen Parteien untersucht. Die Analysen zeigen, dass sich hinter der seit 2009 stark gewachsenen elektoralen Brutto-Volatilität eine weitaus umfangreichere Netto-Volatilität verbirgt. Zusammen genommen signalisieren die Analysen eine zunehmend komplexe Strukturierung des Parteienwettbewerbs auf der Ebene des Wählerverhaltens. An den Hintergründen der Wahlentscheidungen für die Kleinparteien lässt sich eine zweidimensionale Grundstruktur politischen Konflikts ablesen, welche jeweils zwei Ausprägungen linker und rechter Politik voneinander differenziert: sozio- ökonomisch (Linke versus FDP) und gesellschaftspolitisch (Grüne versus AfD).

The article offers a snapshot of German electoral behaviour at a time of high fluctuation. In long-term (2013 to 2017) and short-term perspective (during the 2017 election campaign) it explores stability and change of party preferences. Based on a comprehensive model of electoral choice it investigates backgrounds of support for all parties elected into parliament at the 2017 Federal Election. Analyses show, that beneath the surface of gross volatility, which has increased since 2009, there is a much larger net volatility. Overall, analyses suggest an increasingly complex structuration of party conflict at the level of voters’ choices. The backgrounds of choices for the small parties indicate a two-dimensional structuration of political conflict that differentiates two versions of leftist and rightist politics from one another: socio-economic (The Left versus FDP) and concerning social issues (Greens vs. AfD).