Wie koordinieren bundesdeutsche Ministerien die Abstimmung der Verhandlungspositionen für eine intergouvernementale Reformkonferenz? Nach einer Darstellung der wissenschaftlichen Debatte hinsichtlich struktureller Schwächen der interministeriellen Zusammenarbeit insbesondere im Kontext der Ausarbeitung der Europapolitik, ziehen wir zur Beantwortung dieser Frage zunächst entscheidungs- und organisationstheoretisch inspirierte Ansätze aus dem Bereich der Internationalen Beziehungen heran. Diese konkretisieren und ergänzen wir mit Aussagen organisationsökonomischer Ansätze und schlagen darauf aufbauend eine Konzeptualisierung für die interministerielle Koordination von heterogenen Präferenzen und Informationen innerhalb der bundesdeutschen Regierung vor.
Ausgangspunkt unserer theoriegeleiteten Beschreibung ist die formal festgelegte Organisationsstruktur der Europapolitik innerhalb der Regierung. Diese wird ergänzt um die Beschreibung der spezifischen Ausprägung einer ebenfalls formal eingesetzten Koordinationseinheit zur Bewerkstelligung des temporären Projektes einer Regierungskonferenz. Wir vergleichen die deutschen Organisationsstrukturen mit den in anderen Mitgliedsländern implementierten Governance-Formen. Vor diesem formalorganisatorischen Hintergrund werden dann die Partizipations-, Vorauskoordinations-, und Einflussnetzwerke bei der Abstimmung der Verhandlungspositionen für die Regierungskonferenz 1996 beschrieben. Hierzu wenden wir netzwerkanalytische Verfahren an. Ziel ist es, die komplexen ministerialbürokratischen Interaktionsstrukturen und prozesse bei der Formulierung von Außenpolitik sichtbar zu machen und dadurch die sich bisher auf hochaggregierte Regierungsakteure beschränkende Mehrebenenliteratur zu ergänzen.