Auszeichnung für Publikation über geschlechtsspezifische Unterschiede bei politischem Wissen

Gerade in jüngerer Zeit werden Geschlechterrollen und deren Wandel intensiv diskutiert. Was ist weiblich, was ist männlich? Was verbindet und was trennt die Geschlechter voneinander? Der Kern dieser Diskussionen sind zumeist verschiedene Auffassungen darüber, in welchem Maße diese Unterschiede biologisch bzw. genetisch verankert und daher unveränderlich sind oder ob sie nicht viel mehr sozial konstruiert werden. Letzteres bedeutet, dass das, was als spezifisch männlich oder eben weiblich wahrgenommen wird, in einer Gesellschaft immer wieder aufs Neue ausgehandelt wird.

Die Untersuchung von Sebastian Adrian Popa bewegt sich genau in diesem Spannungsfeld. Der aus Ungarn stammende Mitarbeiter des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung (MZES) widmet sich in seiner prämierten Veröffentlichung "Theorizing Sex Differences in Political Knowledge: Insights from a Twin Study" erstmals einem Genderthema. Gemeinsam mit zwei Koautoren geht er der Frage nach, warum Frauen in Befragungen zu politischem Wissen tendenziell schlechter abschneiden als Männer. Aber wissen Frauen tatsächlich weniger? Ob die Gründe dieses Unterschiedes womöglich in den Genen zu finden sind, versuchen die Autoren mit einer Zwillingsstudie zu klären. Aus der Grundannahme gleicher Umweltfaktoren für beide Geschlechter schlossen die Wissenschaftler, dass über das soziale Geschlecht hinausgehende Faktoren ausschlaggebend sind. Denn: „Frauen wissen nicht weniger, sie wissen anderes als Männer“, erklärt Sebastian Popa. Die Wissenschaftler argumentieren, dass die Tests zur Messung des politischen Wissens zu stark auf Fakten abzielen. „Bislang fragen solche Tests vor allem wettbewerbs-, macht- und hierarchieorientierte Wissensbestände ab“, so Popa. Wer hat welches Ministeramt inne? Und wie viele gibt es überhaupt? Darauf hätten Frauen weniger oft eine Antwort als Männer. Als Konsequenz fordern die Autoren eine Anpassung der Tests zur Erhebung politischen Wissens. So sollten die Fragenkataloge um die für Frauen relevanten Aspekte von Politik erweitert werden. Diese Aspekte seien, so Popa, mehr zusammenhangs- und beziehungsorientierte Themen wie Lokalpolitik sowie familienbezogene Politik und Leistungen. Popa zeigt sich zuversichtlich: „Wir gehen davon aus, dass so nachgewiesen werden kann, dass Frauen und Männer in gleicher Weise politisch interessiert sind.“
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