Mannheimer Politikwissenschaftler: EU-Bürokratie profitiert von politischem Stillstand

Was passiert, wenn sich die Vertreter der Mitgliedstaaten einerseits und das Europäische Parlament andererseits bei der EU-Gesetzgebung blockieren? Die Politikwissenschaftler Dr. Dirk Junge, Professor Dr. Thomas König und Bernd Luig haben dies im Kontext eines Forschungsprojekts am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) der Universität Mannheim untersucht und einen Gewinner ausgemacht.
"Wir haben herausgefunden, dass die Europäische Kommission Stillstand bei der Gesetzgebung oftmals nutzt, um ihre bürokratische Aktivität zu erhöhen", fasst Thomas König das Ergebnis der Studie zusammen. Das könne einerseits sinnvoll sein, da die EU auf diese Weise handlungsfähig bleibe. Andererseits sei es bedenklich, dass die Kommission einfach selbst Regelungen treffe, wenn keine effektive Kontrolle durch die gesetzgebenden Organe, also den Ministerrat und das Parlament, gewährleistet sei. König weiter: "Dieses Ergebnis wirft unserer Ansicht nach weitere Fragen zur demokratischen Legitimation der Europäischen Union auf. Wir müssen als Wissenschaftler künftig noch genauer analysieren, welche Interessen im politischen Prozess der EU in welcher Form repräsentiert werden und wer sich letztlich durchsetzt", so König.
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Das Institut der deutschen Wirtschaft zeichnet die drei Politikwissenschaftler für ihre Studie mit dem erstmals ausgeschriebenen "Wissenschaftspreis Bürokratie" aus. Dieser soll wissenschaftliche Forschung zur Funktionsweise und Wirkung von Bürokratien in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft fördern. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird am 11. Mai 2015 am Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. verliehen.
(press release April 22, 2015; see PDF for full text in German)