Die Low-Cost-Hypothese (LCH) postuliert, dass der Einfluss von Einstellungen auf das Verhalten von der Kostenträchtigkeit der Entscheidungssituation abhängt. In Niedrigkostensituationen sei der Effekt der Einstellungen höher als in Hochkostensituationen. Wir argumentieren, dass bei genauerer Betrachtung der Literatur zwei verschiedene Versionen der LCH zu finden sind, die nicht ausreichend voneinander getrennt werden. Wir rekonstruieren diese beiden Versionen, die "einfache" und die "spezifische" Version der LCH, und diskutieren ihre theoretischen Grundlagen und empirischen Implikationen. Die "einfache" Version ergibt sich aus einer einfachen nutzentheoretischen Modellierung des Entscheidungsproblems. In dieser Version der LCH wirken Einstellungen und (harte) Verhaltenskosten unabhängig voneinander auf den Netto-Erwartungsnutzen der Handlungsalternativen. Ein bedingter Effekt der Einstellungen in Abhängigkeit von den Verhaltenskosten ergibt sich lediglich in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit der Wahl einer Handlungsalternativen. Diese Abhängigkeit der marginalen Effekte von dem Nutzenniveau oder der Basiswahrscheinlichkeit, auf der ein Akteur sich befindet, gilt jedoch für alle möglichen Einflussfaktoren oder Nutzenterme. Eine zweite, "spezifische" Version der LCH postuliert darüber hinausgehend einen variablenspezifischen Interaktionseffekt zwischen Einstellungen und Kosten. Während die meisten der zur Herleitung dieser Hypothese vorgebrachten Ansätze bei näherer Betrachtung unzureichend sind, bieten dual-process-Theorien eine Möglichkeit, die spezifische Version der LCH handlungstheoretisch zu fundieren und in ihrer bedingten Gültigkeit zu verstehen. Aus dem Beitrag ergeben sich sowohl Schlussfolgerungen für empirische Anwendungen und Tests der LCH in diversen soziologischen Forschungsgebieten als auch generell für die entscheidungstheoretische Analyse sozialen Handelns.