Die Selbstkontrolltheorie von Gottfredson und Hirschi (1990) spezifiziert die
Vernachlässigung langfristiger Nachteile in der Handlungsentscheidung (niedrige Selbstkontrolle) als Hauptursache kriminellen und abweichenden Handelns. Bisherige Operationalisierungen von Selbstkontrolle, wie die Skala von Grasmick et al. (1993), orientieren sich jedoch kaum an diesem Mechanismus. In Orientierung sowohl an aktuellen zeitbezogenen Konzeptualisierungen von niedriger Selbstkontrolle durch die Autoren der Selbstkontrolltheorie als auch an neueren Entwicklungen in der Messung von Gegenwartsbezug legt die vorliegende Arbeit daher einen neuen Vorschlag zur Erfassung von niedriger Selbstkontrolle vor. Unterschieden werden hierbei die Fähigkeit (Impulsivität) und die Motivation (Discounting) langfristige Nachteile in die Handlungsentscheidung einzubeziehen. Die entwickelten Skalen verfügen über angemessene Konstruktvalidität und sagen Konsum von Alkohol, Tabak und Marihuana besser vorher als die Grasmick-Skala. Die Ergebnisse werden kritisch reflektiert und das Potenzial der entwickelten Skalen für weitere Anwendungen dargestellt.