Gunnar Otte
Hat die Lebensstilforschung eine Zukunft? Eine Auseinandersetzung mit aktuellen Bilanzierungsversuchen

Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 2005: 57, issue 1, pp. 1-31

In jüngster Zeit häufen sich Versuche einer Bilanzierung der Lebensstilforschung – so von Thomas Meyer und Dieter Hermann. Die Ansprüche der Lebensstilforschung und ihre empirische Evidenz werden dabei selektiv dargestellt und nicht hinreichend systematisiert. Daneben lassen die überwiegend negativen Bilanzen offen, ob die Lebensstilsoziologie als gescheitert anzusehen ist bzw. welche Implikationen für die zukünftige Forschung abzuleiten sind. Der vorliegende Beitrag versteht sich als Bestandsaufnahme mit größerer Systematik: Neun zentrale Behauptungen werden im Licht empirischer Befunde auf ihre Haltbarkeit bewertet. Dabei stehen die viel zitierten Ansätze des Sinus-Instituts und von Gerhard Schulze im Mittelpunkt. Angelehnt an diese Diskussion werden vier Varianten der Lebensstilanalyse auf ihre Zukunftsträchtigkeit geprüft. Dabei werden zum einen die Vorzüge variablenorientierter, themenzentrierter Forschungsansätze betont. Zum anderen wird für typologisch orientierte, lebensstilbasierte Sozialstrukturanalysen das Programm einer theoriereichen Konstruktion replizierbarer Typologien umrissen.

Recently, attempts to summarize the returns of lifestyle research mount up – for example, by Thomas Meyer and Dieter Hermann. However, claims of lifestyle research and their empirical evidence are portrayed selectively and unsystematically. What is more, the predominantly negative appraisals leave open whether lifestyle sociology has to be considered a failure or, if not, which consequences have to be drawn for future research. The article intends to give a more systematic summary: The tenability of nine central claims is evaluated in the light of empirical results. Special consideration is given to the frequently cited approaches of the Sinus-Institute and Gerhard Schulze. Following from this discussion, four types of lifestyle analysis are examined for their future promises. On the one hand, the merits of variable-oriented, issue-centred research approaches are stressed. On the other hand, the program of a theory-driven construction of replicable typologies is outlined for typologically oriented, lifestyle-based analyses of social inequality.