Barbara Finke
Die internationale Kampagne "Frauenrechte sind Menschenrechte". Eine institutionentheoretische Analyse der Rolle von Nichtregierungsorganisationen im Menschenrechtsregime der Vereinten Nationen

Arbeitsbereich III; 25
Mannheim
,
MZES
,
1998
ISSN: 0948-0099

Im Mittelpunkt der Studie steht die internationale Kampagne 'Frauenrechte sind Menschenrechte', die auf die Menschenrechtsweltkonferenz der Vereinten Nationen 1993 in Wien gerichtet war. Mit dieser Kampagne ist es einer Gruppe von Frauenorganisationen gelungen, ihre politischen Ziele in das Abschlußdokument der Weltkonferenz einzubringen und auf der Agenda der VN zu verankern. Damit hat eine global vernetzte Gruppe von Nichtregierungsorganisationen (NRO) einen Beitrag zum institutionellen Wandel des VN Menschenrechtsregimes und damit zum globalen Regieren (im Sinne einer zielgerichteten Steuerung der internationalen Menschenrechtspolitik) geleistet. Das Erkenntnisinteresse der Studie richtet sich auf die Bedingungen für eine erfolgreiche Einflußnahme von NRO auf die internationale Politik im Handlungsfeld Menschenrechte, das im wesentlichen durch die Existenz eines internationalen Regimes charakterisiert ist. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wird ein Konzept des internationalen politischen Raums entwickelt, das sich (1) auf einen soziologischen Handlungs- und Institutionenbegriff und (2) auf das Modell der 'Gesellschaftswelt' stützt. Auf dieser Grundlage wird einer Reihe von Arbeitshypothesen formuliert, vor deren Hintergrund die Kampagne 'Frauenrechte sind Menschenrechte' untersucht wird.
Diese Hypothesen betreffen die Strategien, die NRO einsetzen müssen, um den Möglichkeitsrahmen der Weltkonferenz für ihre Ziele auszunutzen und basieren auf den Prämissen des soziologischen Institutionenansatzes. Dabei wird auf den im Zusammenhang mit der 'Gesellschaftswelt' eingeführten Machtbegriff zurückgegriffen, der davon ausgeht, daß kommunikative Fähigkeiten im internationalen politischen Raum des VN Menschenrechtsregimes zur Machtressource werden können. Dieser Machtbegriff wird in dieser Studie als "Definitionsmacht" bezeichnet. NRO können im institutionellen Kontext des Menschenrechtsregimes Definitionsmacht etablieren, wenn es ihnen gelingt, andere Akteure von der Attraktivität und Angemessenheit ihrer Ziele zu überzeugen. Die Angemessenheit der von den NRO formulierten Ziele in der Wahrnehmung der relevanten, in den institutionellen Kontext des Menschenrechtsregimes eingebundenen Akteure beruht wesentlich auf der Anschlußfähigkeit dieser Ziele an die Leitideen des vorhandenen institutionellen Rahmens. Diese Hypothese läßt sich anhand der Ergebnisse dieser Studie untermauern.