Thomas Klein, Johannes Kopp (Hrsg.)  
  Scheidungsursachen aus soziologischer Sicht   vergrößerte Ansicht in neuem Fenster    
     
  [Familie und Gesellschaft, BAND 2]  
  270 S.,Würzburg, Ergon-Verl., 1999  
  ISBN: 3-933563-30-5  
     

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Inhaltsverzeichnis

 

Zum Inhalt:

In diesem Buch werden die ersten Ergebnisse eines empirischen Forschungsprojekts vorgestellt, das die Ursachen von Ehescheidungen aus einer soziologischen Perspektive untersucht. Ausgangspunkt des Projekts "Determinanten der Ehescheidung" war die Suche nach einer Erklärung der in fast allen Gesellschaften steigenden Scheidungszahlen. Deshalb wurde im Jahr 1996 die bislang größte Befragung zum Thema Scheidung in Deutschland durchgeführt. Mit dem Ergebnis – der Mannheimer Scheidungsstudie – liegt nun ein Datenbestand vor, der viele bisher bestehende Probleme ausräumt und neue Untersuchungsmöglichkeiten eröffnet. Die ersten Ergebnisse sind hier zusammengestellt.

Die steigenden Scheidungszahlen werden häufig mit oft sehr allgemein gehaltenen Gesellschaftsdeutungen, wie etwa einer krisenhaften Entwicklung der Moderne, einer Zunahme hedonistischer Orientierungen, einem Zerfall der gesellschaftlichen Wertbasis oder nicht zuletzt den sogenannten Individualisierungsprozessen, in Zusammenhang gebracht. Gemeinsam ist diesen Gesellschaftsdeutungen, daß in empirischer Hinsicht kaum jemals das einzelne Individuum und die einzelne Ehe beachtet wird. So wird z.B. selten berücksichtigt oder auch nur thematisiert, ob wirklich diejenigen, die sich scheiden lassen, eine andere Wertorientierung haben als die, die zusammen bleiben, und ob die unterschiedliche Wertorientierung wirklich ursächlich ist, was voraussetzt, daß sie schon vor der Scheidung bestand.

In dem vorliegenden Buch werden diese allgemeinen Gesellschaftsdeutungen nicht fortgeführt, nicht zuletzt deshalb, weil angezweifelt werden darf, ob sie wirklich empirisch überprüfbare Fragen im Mittelpunkt des Interesses stellen. Die in diesem Buch zusammengestellten Beiträge sind hingegen alle der Idee verpflichtet, daß soziologische Forschung die empirisch überprüfte (oder zumindest überprüfbare) Erklärung sozialer Tatsachen bedeutet. Dieser Ansatz ist natürlich weniger universell und weit stärker auf konkrete Fragestellungen gerichtet.

Mit der Mannheimer Scheidungsstudie steht zum ersten Mal eine hinreichend große und speziell auf die Untersuchung bestimmter Scheidungsursachen ausgerichtete, empirische Grundlage zur Verfügung, die es ermöglicht, verschiedene theoretisch vermutete Ursachen des Scheidungsrisikos und empirisch beobachtete Zusammenhänge, die bislang ohne hinreichende Erklärung geblieben sind, genauer zu untersuchen. In den Beiträgen dieses Buches werden sehr verschiedene Fragestellungen untersucht: Was sind die sozialstrukturellen Ursachen der Ehescheidung? Warum gibt es einen so starken Einfluß des Heiratsjahrgangs auf das Scheidungsrisiko? Wie läßt sich die Scheidungsvererbung zwischen den Generationen erklären? Wie wirkt sich voreheliches Zusammenleben auf das spätere Scheidungsrisiko aus, und welche Erklärungen gibt es für diesen Einfluß? Welche Auswirkungen haben die eheliche Arbeitsteilung und die Frauenerwerbstätigkeit auf die Ehestabilität, und wie wirken sich Kinder aus? Welche Bedeutung kommen der sozialen Integration der Ehepartner und Investitionen in ehespezifisches Kapital zu? Bei Behandlung all dieser und weiterer Fragen steht die empirische Analyse verschiedener theoretischer Überlegungen und Hypothesen im Mittelpunkt. Da die Theorieentwicklung vor allem auf westliche Industriegesellschaften zugeschnitten ist, haben sich die bisherigen Analysen der Mannheimer Scheidungsstudie zunächst weitgehend auf die alte Bundesrepublik konzentriert. In den meisten hier gesammelten Beiträgen sind deshalb die DDR und die fünf neuen Bundesländer vorläufig ausgespart. Die institutionellen Gegebenheiten, aber auch die rechtliche Situation in der DDR und erst recht die im Zuge der Transformationsprozesse stattfindenden Veränderungen machen die Analyse der Ehescheidung in der DDR und den neuen Bundesländern zu einer Angelegenheit, die nicht en passant, sondern nur in eigenständigen, weiteren Analysen geleistet werden kann.

Das Projekt "Determinanten der Ehescheidung" wurde von 1991 bis 1997 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und war in dieser Zeit am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) der Universität Mannheim angesiedelt. Das Projekt ist unter der Leitung von Hartmut Esser (Universität Mannheim) konzipiert und beantragt und von Thomas Klein (Universität Heidelberg) erst gegen Ende der Förderphase übernommen worden. Die weiteren Auswertungen der Mannheimer Scheidungsstudie finden gegenwärtig an den Universitäten Mannheim und Heidelberg statt.

Inhaltsverzeichnis

Thomas Klein, Johannes Kopp  : Die Mannheimer Scheidungsstudie
Paul B. Hill, Johannes Kopp  : Ehescheidung: Historische Entwicklungen und theoretische Erklärungen
Christian Babka von Gostomski, Josef Hartmann, Johannes Kopp  : Soziostrukturelle Bestimmungsgründe der Ehescheidung. Eine empirische Überprüfung einiger Hypothesen der Familienforschung
Hartmut Esser  : Heiratskohorten und die Instabilität von Ehen
Heike Diefenbach  : Geschichte wiederholt sich nicht!? Der Zusammenhang von Ehescheidung in der Eltern- und in der Kindgeneration
Anja Hall  : "Drum prüfe, wer sich ewig bindet". Eine empirische Untersuchung zum Einfluß vorehelichen Zusammenlebens auf das Scheidungsrisiko
Thomas Klein  : Der Einfluß vorehelichen Zusammenlebens auf die spätere Ehestabilität
Thomas Klein, Johannes Stauder  : Der Einfluß ehelicher Arbeitsteilung auf die Ehestabilität
Josef Hartmann, Nikolaus Beck  : Berufstätigkeit der Ehefrau und Ehescheidung
Christian Babka von Gostomski  : Die Rolle von Kindern bei Ehescheidungen
Josef Hartmann  : Soziale Einbettung und Ehestabilität
Frank Kalter  : "The Ties that Bind" – Wohneigentum als ehespezifische Investition