Bildungsaspirationen und Bezugsgruppen
Ziel des Projektes war die Erklärung derjenigen Prozesse, die zu Unterschieden im Bildungserfolg auf Grund der sozialen Herkunft führen. Im Rahmen des Projektes wurden verschiedene theoretische Erklärungsansätze herangezogen und theoretisch vergleichend überprüft. Dies waren einerseits die Rational-Choice Theorie (RCT) und das Modell der Frameselektion (MdFS) als auch verschiedene Ressourcen-Ansätze. Im ersten Teil des Projektes lag der Fokus auf der Wahl zwischen verschiedenen Sekundarschulformen, wohingegen im zweiten Teil die Strategien der Familien zur Revision und Stabilisierung dieser Entscheidung im Mittelpunkt standen. Das Mannheimer Bildungspanel an welchem ca. 800 Familien, beginnend mit dem 3. Schuljahr ihres Kindes, teilnahmen, wurde während der Projektphase von 2003 bis 2009 durchgeführt. Am Ende der Finanzierungsphase besuchten die Schüler die 9. Klasse der Sekundarstufe. Insgesamt wurden sechs Interviewwellen mit Eltern und Schülern, vier Wellen standardisierter Leistungstestes und Querschnittsstudien mit sowohl der Bezugsgruppe der Eltern als auch mit der der Kinder realisiert. Es wurde ein innovatives egozentriertes Netzwerkdesign zur Erfassung des Bildungsklimas im sozialen Kontext der Familien herangezogen. Die zeigten erstens, dass unter Kontrolle der Unterschiede in den Fähigkeiten der Schüler, rund 30 Prozent der Bildungsungleichheit nach dem beruflichen Status und rund 50 Prozent nach dem Bildungsstatus der Eltern auf Unterschiede im Entscheidungsverhalten zurück geführt werden können. Diese Entscheidungen zwischen den Sekundarschulformen können zu einem substantiellen Grad durch die Kosten-Nutzen Kalküle der Eltern erklärt werden. Dennoch erweisen sich nicht alle vorhergesagten Dimensionen der Kosten und Nutzen als relevant, und die RCT war nicht zur vollständigen Erklärung der beobachteten Ungleichheit im Entscheidungsverhalten in der Lage. Das zweite Ergebnis betrifft die Bedeutsamkeit der Bezugsgruppen. Es hat sich gezeigt, dass die elterlichen Bildungsaspiration durch die Ansprüche der Bezugsgruppe geformt sind. Ein noch wichtigeres Ergebnis ist, dass soziale Einflussprozesse, wie im Rahmen des MdFS prognostiziert, mit den Determinanten rationaler Bildungsentscheidungen interagieren: Eltern erweisen sich für rationale Abwägungen unempfänglich, wenn ihre signifikanten Anderen hohe Bildungsaspirationen für die Kinder haben.