Die Institutionelle Fundierung Parlamentarischer Debatten

Fragestellung/Ziel: 

Dieses Projekt untersuchte aus einer vergleichenden Perspektive den Einfluss politischer Institutionen auf die Teilnahme von Abgeordneten an parlamentarischen Debatten. In Wahlsystemen mit Anreizen zur Betonung der Parteiposition versuchen Fraktionen sicherzustellen, dass Fraktionsmitglieder seltener Standpunkte in Debatten vertreten, die der Parteiposition widersprechen. Dagegen fördern Fraktionen die persönliche Profilierung von Abgeordneten in Wahlsystemen mit Anreizen zur Betonung persönlicher Reputation. Diese Dynamik hat Auswirkungen auf die Gestaltung der parlamentarischen Geschäftsordnung, auf die Interaktion von Fraktionsführung und einfachen Abgeordneten, sowie auf die politische Repräsentation innerparteilicher Heterogenität. Aus dem im Projekt entwickelten formalen Modell lassen sich Selektionseffekte bei der Auswahl der Redner und der inhaltlichen Positionierung der Fraktionsreden ableiten. Diese Effekte können jedoch von politischen Institutionen abgemildert werden.Das Projekt generierte einen neuen Datensatz zur Debattenbeteiligung von Abgeordneten im Deutschen Bundestag, dem Britischen House of Commons und im Europäischen Parlament und führte eine Umfrage unter parlamentarischen Fraktionsführern in der OECD durch. Die empirische Analyse bestätigt die strategische innerparteiliche Sichtweise auf die Strukturierung parlamentarischer Debatten. Im Wahlsystemen, in denen Parteien eine große Rolle spielen, haben Parteivorsitzende in der Regel einen privilegierten Zugang zur parlamentarischen Redezeit. Dagegen sind derartige Regeln selten in Wahlsystemen, in denen Abgeordnete eine persönliche Reputation entwickeln müssen, anzutreffen. Parteiführer halten daher auch eher eine parlamentarische Rede in Deutschland als in Großbritannien. Fraktionsabweichler beteiligen sich dagegen eher in Großbritannien und im Europäischen Parlament an Debatten als in Deutschland. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den theoretischen Erwartungen des strategischen innerparteilichen Debattenmodells.Das Projekt bietet neue Einblicke in die Funktionsweise politischer Institutionen und in das strategische Verhältnis von Parteien und Abgeordneten. Es zeigt zudem, dass bei der Inhaltsanalyse parlamentarischer Reden besondere Aufmerksamkeit erforderlich ist, um Positionen und innerparteiliche Geschlossenheit schätzen zu können.

Fact sheet

Finanzierung: 
EU Marie Curie International Reintegration Grant, European C
Laufzeit: 
2009 bis 2012
Status: 
beendet
Datenart: 
Parlamentsarchive in Deutschland, Großbritannien und im Europäischen Parlament
Geographischer Raum: 
Deutschland, Großbritannien, Europäische Union

Veröffentlichungen