EUROLOB II – Europäisierung der Interessenvermittlung
EUROLOB II untersuchte ob und wie sich das EU-Lobbying nationaler und europäischer Wirtschaftsverbände an veränderte Kontextbedingungen (institutionelle Reformen der EU, Erweiterung und neue Konsultationsverfahren) angepasst hat. Die Untersuchung zielte auf eine Befragung aller Wirtschaftsverbände in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen und auf EU-Ebene und replizierte eine Befragung von 1999 (EUROLOB I), was einen Zeit- und Systemvergleich ermöglicht. Beide Befragungen sind Vollerhebungen; die Rücklaufquote von EUROLOB II betrug 28,82 Prozent (N = 566).
EUROLOB II zeigt, dass sich die Interessenvertretung in der EU seit der Jahrhundertwende nicht dramatisch verändert hat. Die weit überwiegende Mehrheit der Verbände verfolgt eine Mehrebenen-Strategie. Auch wenn nationale Wirtschaftsverbände sich immer noch vorwiegend an ihre nationale Regierung wenden, so unterhalten sie fast ebenso intensive Kontakte zur Arbeitsebene der Kommission. Die Häufigkeit der Kontakte variiert deutlich mit der politischen Bedeutung der Adressaten, was nicht zuletzt daran erkennbar ist, dass die nationalen Verbände dem Europäischen Parlament nunmehr sehr viel mehr Aufmerksamkeit widmen als zuvor.
Die Verhaltensunterschiede zwischen den nationalen Wirtschaftsverbänden aus den alten Mitgliedstaaten sind weniger ausgeprägt als früher, aber immer noch erkennbar. Polnische Verbände zeigen dagegen ein deutlich abweichendes Verhalten. Sie sind weniger in der EU präsent, intervenieren später und während die britischen, deutschen und französischen Verbände ihre Gesprächspartner ganz überwiegend unter dem Gesichtspunkt der fachlichen Zuständigkeit auswählen, haben für sie Nationalität, persönliche Beziehungen und Parteimitgliedschaft einen hohen Stellenwert.
Bei der Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Organisationseigenschaften und Lobbyverhalten bestätigt sich die Bedeutung von Ressourcen. Je höher das Budget, desto intensiver die Lobbyaktivitäten. In ähnlicher Weise beeinflusst die Repräsentativität eines Verbandes und die Größe seiner Domäne die Häufigkeit von Kontakten. Die wirtschaftliche Bedeutung und die Exportorientierung der repräsentierten Unternehmen fallen dagegen nicht ins Gewicht.