Im Zuge der Osterweiterung der Europäischen Union fand auch eine Osterweiterung der europäischen Parteienbünde („Europarteien“) statt. Die Europarteien setzten sich bis dahin ausschließlich aus westeuropäischen Mitgliedsparteien zusammen. Bei ihrer Osterweiterung suchten sie nun nach mittel- und osteuropäischen Partnerparteien, wobei erwartet wurde, dass sie auf diese im Sinne einer „Westeuropäisierung“ Einfluss ausübten. Das Forschungsprojekt lieferte Antworten zu folgenden Fragen: (1) wie verlief die Einflussnahme der Europarteien konkret und (2) welche relevanten Auswirkungen hatte sie auf die betroffenen mittel- und osteuropäischen Parteien und Parteiensysteme?
Für das Projekt wurden die beiden größten Europarteien ausgewählt: die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) und die Europäische Volkspartei (EVP). Auf Seiten der mittel- und osteuropäischen Partner fiel die Wahl auf die ungarischen, slowakischen und rumänischen Parteien. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich von 1989 bis 2012. Die Untersuchung folgte einem „Mixed-Methods-Design“. Die wichtigsten Methoden waren Inhaltsanalysen von Wahlprogrammen und Parteistatuten, Analysen von Parteidokumenten und Eliteninterviews.
Das zentrale Ergebnis hinsichtlich der ersten Forschungsfrage ist, dass beide Europarteien zwei Strategien zur Einflussnahme auf ihre mittel- und osteuropäischen Partnerparteien anwendeten, um bei diesen eine „Westeuropäisierung“ herbeizuführen: „Konditionalität“ und „normative Überzeugung“. Die beiden Einflussstrategien waren komplementär angelegt. Im Hinblick auf die zweite Forschungsfrage hat die Studie gezeigt, dass das Resultat der Einflussnahme der Europarteien eine „Westeuropäisierung“ der mittel- und osteuropäischen Partnerparteien in drei Bereichen war: wettbewerbsstrategische Verhaltensweisen (Parteiensystem-Dimension), Programmatik (Policy-Dimension) und innerparteiliche Demokratie (innerparteiliche Dimension). In Reaktion auf die Einflussnahmen der Europarteien vollzogen die mittel- und osteuropäischen Partner auf allen drei Dimensionen entsprechende Parteienwandel.
Das zentrale Forschungsergebnis der Studie stellt die empirisch gesicherte Erkenntnis dar, dass die Europarteien SPE und EVP im Rahmen ihrer Osterweiterung starken Einfluss auf ihre Partnerparteien aus Ungarn, Rumänien und der Slowakei ausübten, und dass diese Einflussnahmen im Hinblick auf wettbewerbsstrategische Verhaltensweisen, Programmatik und innerparteiliche Demokratie maßgeblich zu einer Angleichung der mittel- und osteuropäischen Partner an die langjährigen westeuropäische Mitgliedsparteien der Europarteien beigetragen haben.