(GLES) Lang- und Kurzfrist-Panelstudien

Fragestellung/Ziel: 

Dieses Projekt hatte die kurz- und langfristigen Dynamiken des Wahlverhaltens bei Wahlen zum Deutschen Bundestag zum Gegenstand. Beide Typen von Dynamik sollten einerseits getrennt untersucht werden, andererseits sollten die Beziehungen zwischen kurzfristigen Veränderungen während Wahlkampagnen und langfristigen Verschiebungen während einer Legislaturperiode und darüber hinaus analysiert werden. In theoretischer Hinsicht gingen wir davon aus, dass kurz- und langfristige Veränderungen auf ein Zusammenspiel von Eigenschaften der Wahlberechtigten und situationsspezifischen Faktoren zurückgeführt werden können.

Anlässlich der Bundestagswahl 2009 wurde das komplexe und facettenreiche Forschungsdesign der GLES erstmals erfolgreich angewendet. Bereits kurz nach der Wahl stellte das Projekt der wissenschaftlichen Öffentlichkeit einen beispiellosen Bestand hochwertiger Datensätze zur Verfügung, zudem wurden die Bundestagswahl 2009 und der elektorale Wandel in Deutschland mit den erhobenen Daten in zahlreichen Publikationen aus unterschiedlichen Perspektiven analysiert. In der zweiten Projektphase wurde das bewährte Design fortgeführt und auf die Bundestagswahl 2013 angewendet. 

Auch während der Legislaturperiode und dem Wahlkampf vor der Bundestagswahl 2017 sowie nach dieser Wahl und der Regierungsbildung wurden Wahlberechtigte mehrmals befragt. Die Stichprobe umfasste sowohl Personen, die bereits während des Wahlkampfes 2013 befragt wurden, als auch solche, die erstmals im Herbst 2016 interviewt wurden.

Die Ergebnisse unserer Untersuchungen zeigen, dass Wahlberechtigte vor Bundestagswahlen auf Wahlkampfkommunikation reagieren, allerdings nicht alle in gleicher Weise. Während die politischen Vorlieben einiger Wahlberechtigter bestätigt werden, reagieren andere auf den Wahlkampf mit Änderungen ihrer politischen Präferenzen und treffen eine späte Wahlentscheidung. Betrachtet man die Entscheidungsprozesse bei aufeinanderfolgenden Wahlen, so zeigt sich, dass Wähler, die sich vor einer Wahl bereits früh auf eine Partei festgelegt hatten, dies bei der folgenden Wahl nicht notwendig erneut taten; ebenso treffen Personen, die bei einer Wahl zu den Spätentscheidern zählten, bei der folgenden Wahl ihre Entscheidung nicht unbedingt wieder kurz vor der Wahl. Verknüpft man kurz- und langfristige Dynamiken, so zeigt sich, daß in einigen Fällen kurzfristige Veränderungen der Wahlabsicht während des Wahlkampfs zur Wechselwahl führten. In anderen wurden Wechsel der Wahlabsicht in der Periode zwischen Wahlkämpfen von neuerlichen Präferenzänderungen neutralisiert, indem sie die Wahlberechtigten wieder zur vormals gewählten Partei zurückführten. In nicht wenigen Fällen schließlich wurde der Parteiwechsel von einer zur nächsten Wahl von einer Veränderung der Wahlabsicht zwischen den Wahlkämpfen verursacht, während Wahlberechtigte während des Wahlkampfes ihre Wahlabsicht beibehielten. Wahlspezifische Unterschiede in der zeitlichen Lagerung und substantiellen Motivation der Entscheidung wie auch das Zusammenspiel von kurz- und langfristigen Veränderungen im Wahlverhalten scheinen mit Elitenkommunikation und anderen Kontextfaktoren zusammenzuhängen, deren Wirkung von Merkmalen der Wahlberechtigten moderiert werden.

Die German Longitudinal Election Study (GLES) ist als institutionalisierte Wahlstudie bei GESIS dauerhaft verankert. Alle Neuigkeiten dazu finden sich unter https://gles.eu/.

Fact sheet

Finanzierung: 
DFG
Laufzeit: 
2009 bis 2024
Status: 
beendet
Datenart: 
Umfragedaten
Geographischer Raum: 
Deutschland

Veröffentlichungen

Bücher

Schoen, Harald, und Bernhard Weßels (Hrsg.) (2024): Wahlen und Wähler. Analysen zur Bundestagswahl 2021. Wiesbaden: Springer VS. mehr
Weßels, Bernhard, und Harald Schoen (Hrsg.) (2021): Wahlen und Wähler. Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 2017. Wiesbaden: Springer VS. mehr
Roßteutscher, Sigrid, Rüdiger Schmitt-Beck, Harald Schoen, Bernhard Weßels und Christof Wolf (2019): Zwischen Polarisierung und Beharrung: Die Bundestagswahl 2017. 1. Aufl., Baden-Baden: Nomos. [Wahlen in Deutschland; 3] mehr
Schoen, Harald, Hans Rattinger, Maria Preißinger, Konstantin Gavras und Markus Steinbrecher (2017): Election Campaigns and Voter Decision-Making in a Multi-Party System: The 2009 and 2013 German Federal Elections. Baden-Baden: Nomos. [Studien zur Wahl- und Einstellungsforschung; 33] mehr
Schoen, Harald, Sigrid Roßteutscher, Rüdiger Schmitt-Beck, Bernhard Weßels und Christof Wolf (Hrsg.) (2017): Voters and Voting in Context: Multiple Contexts and the Heterogeneous German Electorate. Oxford: Oxford University Press. mehr
Plischke, Thomas (2014): Wann Wähler entscheiden: Abläufe von Entscheidungsprozessen und der Zeitpunkt der Wahlentscheidung. Baden-Baden: Nomos. [Studien zur Wahl- und Einstellungsforschung; 26] mehr
Weßels, Bernhard, Hans Rattinger, Sigrid Roßteutscher und Rüdiger Schmitt-Beck (Hrsg.) (2014): Voters on the Move or on the Run?. Oxford: Oxford University Press. mehr
Schmitt-Beck, Rüdiger, Hans Rattinger, Sigrid Roßteutscher, Bernhard Weßels und Christof Wolf (2014): Zwischen Fragmentierung und Konzentration : Die Bundestagswahl 2013. Baden-Baden: Nomos. [Wahlen in Deutschland; 2] mehr
Rattinger, Hans, Sigrid Roßteutscher, Rüdiger Schmitt-Beck und Bernhard Weßels (2011): Zwischen Langeweile und Extremen: Die Bundestagswahl 2009. Baden-Baden: Nomos. [Wahlen in Deutschland; 1] mehr