Integrationsforschung 2.0 – Über die Nutzung neuer Datenquellen zur Erforschung des Verhaltens und der Einstellungen von Migrant*innen und Einheimischen

Fragestellung/Ziel: 

Die sozialwissenschaftliche Forschung zum Thema Integration von Geflüchteten und Migrant*innen verwendet seit Jahrzehnten hauptsächlich die Angaben von Befragten in Umfragen für ihre Untersuchungen. Gleiches gilt für Studien zu den Einstellungen der einheimischen Bevölkerung gegenüber Zuwanderungsregelungen und den Migrant*innen. Auch die Entscheidungsträger*innen in Politik und Verwaltung nutzen diese Informationen zusammen mit administrativen Daten von Asylmeldezentren, Sozialbehörden und Arbeitsagenturen, um konkrete Herausforderungen im Integrationsprozess zu meistern und Integrationsansätze und -strategien zu entwickeln. Die Sammlung und Bereitstellung dieser Informationen ist allerdings meistens zeitaufwendig und teuer, z.B. im Falle großangelegter Bevölkerungsbefragungen oder bis der Zugang zu administrativen Daten gewährt wird. Außerdem kommt es in Umfragen unter Umständen zu sozial erwünschten Antworten auf Fragen zu sensiblen Einstellungen oder Verhaltensweisen. Die Erkenntnisse kommen also häufig spät und sind womöglich verzerrt.

In diesem von der Fritz Thyssen Stiftung geförderten Forschungsprojekt wollen wir an unsere frühere Arbeiten anschließen und drei neue Datenquellen und Formen der Datensammlung untersuchen, die schneller und häufiger verfügbare sowie genauere Informationen zur Untersuchung von Migrations- und Integrationsthemen verheißen. Dies sind (1) automatisch gesammelte Daten von Smartphonesensoren und -apps, (2) aggregierte Internetsuchanfragen und (3) die Antworten von Teilnehmer*innen an Wahlentscheidungshilfen wie dem "Wahl-O-Mat". Wenngleich jeder dieser Ansätze seine eigenen Limitierungen aufweist, könnten sie die traditionellen Datenquellen hervorragend ergänzen und dadurch einen großen Beitrag zu besseren Erkenntnissen und zielgenauerer Politikformulierung leisten.

Die Ergebnisse dieses Projekts sollen Anschauungsbeispiele und Anwendungsleitlinien für den ergänzenden Einsatz der neuen Datenquellen liefern. So wollen wir zum methodischen Fortschritt im Bereich der Migrations- und Integrationsforschung und den Sozialwissenschaften als Ganzes beitragen und damit das genauere Beantworten bestehender Forschungsfragen sowie möglicherweise die Untersuchung komplett neuer Themen ermöglichen.

Arbeitsstand: 

Im Jahr 2022 haben wir eine systematische Literaturrecherche zur Nutzung von Google Trends-Daten in den Sozialwissenschaften durchgeführt. Ergänzend dazu arbeiten wir an einem fokussierten Literaturüberblick zur Nutzung von Google Trends-Daten in der Migrations- und Integrationsforschung. Zusätzlich wird die Datenerhebung für eine Validierungsstudie vorbereitet. Darüber hinaus arbeiten wir an einem systematischen Literaturüberblick zur wissenschaftlichen Nutzung von Online-Wahlinformationsplattformen wie dem deutschen „Wahlomat“. Zuletzt haben wir ein Online-Experiment mit über 2.000 Einheimischen und Migrant*innen durchgeführt. Darin testen wir, ob die Befragten ehrlichere Antworten auf sensible Fragen geben, wenn sie am Ende einer Umfrage individuelle Rückmeldungen a la Wahlomat erhalten.

Fact sheet

Finanzierung: 
Fritz Thyssen Stiftung
Laufzeit: 
2021 bis 2023
Status: 
laufend
Datenart: 
Befragungsdaten, Google Trends, Smartphonedaten
Geographischer Raum: 
Deutschland

Veröffentlichungen