Wechselwirkungen zwischen Stimmgebungen für Kandidaten und Parteiliste von gemischten Wahlsystemen mit zwei Stimmen
Die zentrale Forschungsfrage dieses Projekts lautet: Warum setzt sich in den Einerwahlkreisen von gemischten Wahlsystemen nachhaltiger als in reinen Mehrheitswahlsystemen wie z.B. in Großbritannien ein Zweiparteiensystem mit denselben Parteien in allen Wahlkreisen durch? Die zentrale Hypothese ist, dass die Sichtbarkeit des Parteienwettbewerbs auf nationaler Ebene wegen der Verhältniswahl von gemischten Wahlsystemen die Kandidaten der beiden national größten Parteien begünstigt. Dieser Mikro-Mechanismus lässt sich jedoch nicht direkt mit Umfragedaten überprüfen, da die entsprechenden Variablen nicht verfügbar sind. Aus diesem Grund wurde der Mikro-Mechanismus in Form einer agentenbasierten Modellierung simuliert, um empirisch überprüfbare Implikationen zu gewinnen. Durch die Simulation wurde festgestellt, dass das Parteiensystem in von den größten Parteien dominierten Wahlkreisen besonders stark von Duverger-Gleichgewichten geprägt wird, wenn sich die Wähler bei ihrer Wahlentscheidung stark am nationalen Parteienwettbewerb orientieren. Diese Makro-Implikation wurde durch Bayesianische Statistik in die Aggregatsdatenanalyse systematisch integriert. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Wähler in Westdeutschland, Neuseeland und Japan nach der Einführung des gemischten Wahlsystems zunehmend am nationalen Parteienwettbewerb orientieren. Für den einzigen Ausnahmefall, Ostdeutschland, wurde eine abweichende Landtagswahlergebnisse als ergänzende Erklärung herangezogen.