Cornelia Kristen, Jörg Dollmann
Sekundäre Effekte der ethnischen Herkunft: Kinder aus türkischen Familien am ersten Bildungsübergang

S. 205-229 in: Jürgen Baumert, Kai Maaz, Ulrich Trautwein (Hrsg.): Bildungsentscheidungen. 2009. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften
[Sonderheft der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft]

Boudons analytische Unterscheidung zwischen primären und sekundären Effekten der sozialen Herkunft lässt sich auf die ethnische Herkunft erweitern. Hiervon ausgehend wird am Beispiel des ersten Bildungsübergangs im deutschen Schulsystem untersucht, ob sich das für Kinder aus türkischen Zuwandererfamilien im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund bestehende nachteilige Übertrittsmuster in erster Linie als Folge von Leistungsdisparitäten ergibt oder ob es zusätzlich durch die Bildungsentscheidungen der Akteure beeinflusst wird. Anhand einer Primärdatenerhebung zu Kölner Grundschulkindern wird gezeigt, dass sich die bestehenden Unterschiede vollständig auf Disparitäten in den schulischen Leistungen (primäre Effekte) und auf mit der sozialen Herkunft verbundene unterschiedliche Übergangsbedingungen (sekundäre soziale Effekte) zurückführen lassen. Anstelle einer zusätzlichen Benachteiligung weisen türkischstämmige Viertklässler aufgrund ihrer ausgeprägten Bildungsmotivation nun sogar höhere Chancen auf, einen der anspruchsvolleren Sekundarschulwege einzuschlagen. Diese Befunde werden in Anlehnung an Boudon als positive sekundäre Effekte der ethnischen Herkunft interpretiert.