In der Bezugsgruppentheorie ist schon lange bekannt, dass Wahrnehmungen und Bewertungen stark von Gruppeneinflüssen bestimmt werden. In diesem Beitrag wird der Einfluss der Bezugsgruppenmeinung zu Ausländern auf die Ausländerfeindlichkeit von Akteuren untersucht, wobei diese Beeinflussungswirkung insbesondere zwischen Ost- und Westdeutschland verglichen wird. Die Daten für die empirischen Analysen sind Teil des Projektes „Ethnische Grenzziehung und soziale Kontexte II“ des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung aus dem Jahr 2002. Es zeigt sich, dass die Bezugsgruppenmeinung ein wichtiger Prädiktor der Ausländerfeindlichkeit ist und dass dieser Bezugsgruppeneinfluss in der ostdeutschen Stichprobe signifikant größer ist als in der westdeutschen. Dieser Ost-West-Unterschied lässt sich auf die unterschiedliche Bedeutung alternativer sozialer Kontakte in den beiden Teilen Deutschlands zurückführen: Während sich ostdeutsche Befragte unabhängig von ihren sonstigen „weak ties“ sehr stark durch ihr Kernnetzwerk beeinflussen lassen, findet sich in der westdeutschen Stichprobe ein Bezugsgruppeneffekt nur bei den Befragten, die über keine alternativen sozialen Kontakte verfügen. Es wird die Möglichkeit diskutiert, dass sich in Ostdeutschland noch heute eine gewisse Distanz gegenüber „weak ties“, denen die Bürger in der DDR eher misstrauten, erhalten hat, während solche Kontakte in Westdeutschland „echte Alternativen“ zum Kernnetzwerk darstellen können.