Um in Deutschland aus der evangelischen oder römisch-katholischen Kirche austreten zu können, ist in den meisten Bundesländern eine Gebühr zu entrichten, die in ihrer Höhe zwischen den Ländern variieren kann. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern unterscheidet sich in Baden-Württemberg diese Kirchenaustrittsgebühr auf Gemeindeebene. In diesem Beitrag wollen wir die Frage beantworten, von welchen Faktoren sich diese Varianz innerhalb des Bundeslandes Baden-Württemberg erklären lässt. Wir greifen dabei auf Theorien der Policy-Analyse und der Politischen Soziologie zurück. Die Ergebnisse zeigen, dass neben dem finanziellen Problemdruck, dem sich eine Gemeinde gegenübergestellt sieht, und der parteipolitischen Zusammensetzung des lokalen Parlaments auch der Grad der Kirchenbindung der örtlichen Bevölkerung einen Einfluss auf die Gebührenhöhe ausübt. Hinzu kommt die Bedeutung der Kirchen für die lokalen sozialen Sicherungssysteme in Kombination mit der Entwicklung des Anteils der Kirchenmitglieder in den letzten Jahren: Je höher der Rückgang des Kirchenmitgliederanteils war und je zentraler die Rolle der Kirchen für die wohlfahrtsstaatliche Infrastruktur in den großen Kreisstädten und kreisfreien Städten Baden-Württembergs ist, umso höher fallen auch die von der entsprechenden Gemeinde erhobenen Kirchenaustrittsgebühren aus.