Die Verkürzung der Schuldauer am Gymnasium von neun auf acht Jahre war eine der größten und umstrittensten Reformen des deutschen Bildungssystems seit der
Wiedervereinigung. Theoretische Überlegungen zeigen, dass die G8-Reform soziale Ungleichheiten bei der schulischen Platzierung sowohl vergrößert als auch verkleinert haben könnte. Bislang gibt es diesbezüglich jedoch nur wenige empirische Befunde. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir anhand der Mikrozensuserhebungen der Jahre 2008 bis 2012 erstmals den Einfluss auf das Ausmaß der sozialen Ungleichheit beim Besuch der gymnasialen Oberstufe anhand eines Difference-in-Differences Ansatzes, welcher besonders gut dazu geeignet ist, den kausalen Effekt der Reform aufzudecken. Unsere empirischen Ergebnisse sprechen dafür, dass es unter G8 bei höheren Schichten im Vergleich zu niedrigeren Schichten verstärkt zu Ausweichbewegungen auf Schulformen gekommen ist, auf denen die (Fach-)Hochschulreife weiterhin nach neun Jahren Sekundarschulbildung erlangt werden kann. Insgesamt werden die schichtspezifischen Unterschiede beim Besuch der gymnasialen Oberstufe durch die Reform aber nicht substanziell beeinflusst.