Mannheimer Politikwissenschaftler Marc Debus: SPD-Einfluss ist im „GroKo“-Sondierungspapier deutlich erkennbar
Die Sozialdemokraten haben in den Sondierungsgesprächen durchaus erfolgreich Position bezogen und die mögliche künftige Regierung gegenüber den Jamaika-Verhandlungsergebnissen deutlich nach links und damit in ihre Richtung gerückt. Das ist das Ergebnis einer Analyse des Mannheimer Politikwissenschaftlers Professor Dr. Marc Debus. Er hat das aktuelle Sondierungspapier von Union und SPD mit dem Sondierungspapier der letztendlich gescheiterten Jamaika-Verhandlungen verglichen und jeweils die Positionen in der Einwanderungspolitik sowie in der Wirtschafts-, Arbeits- und Finanzpolitik ermittelt. Mit Hilfe einer quantitativen Textanalyse hat er die Papiere ausgewertet und die so gewonnenen politischen Positionen in ein Koordinatensystem übertragen (siehe unten verlinkte Grafik). Als Vergleich und Orientierungsrahmen dienten ihm dafür sämtliche Koalitionsabkommen und Wahlprogramme auf Bundes- und Landesebene seit 1990.
SPD punktet mit der „Stärke der Schwäche“
„Der Einfluss der SPD ist deutlich messbar, insbesondere bei der Wirtschafts-, Arbeits- und Finanzpolitik. Die Sozialdemokraten scheinen also trotz der Niederlage bei der Bundestagswahl durchaus fähig zu sein, sich in einer möglichen Großen Koalition zu behaupten und könnten wohl wichtige Punkte ihres Programms verwirklichen“, stellt Debus fest. Hierbei könne die SPD von der innerparteilichen Auseinandersetzung um die Fortsetzung der großen Koalition sogar profitieren, betont der Politikwissenschaftler. „Damit zumindest Teile des linken Flügels der SPD einer Koalition mit der Union zustimmen, mussten Christdemokraten und Christsoziale, die beide die Fortsetzung der schwarz-roten Koalition wollen, offenbar stärker auf die SPD zugehen, als es dem Kräfteverhältnis nach der Bundestagswahl eigentlich entsprochen hätte. Wir nennen das ‚strength of weakness‘, also ‚Stärke der Schwäche‘.“ Aktuelle Forschungsergebnisse von Professor Debus und seinen Kollegen Dr. Markus Baumann und Dr. Martin Gross belegen, dass sich intern heterogen aufgestellte Parteien in Deutschland besser in Koalitionsverhandlungen durchsetzen können. „Die heterogene Partei kann gegenüber dem Verhandlungspartner argumentieren, dass einer ihrer Flügel einen Kompromiss nicht mittragen könne. Also muss ein neuer Vorschlag ausgehandelt werden, damit die Stabilität der künftigen Koalition nicht gefährdet ist. Dieser Kompromiss liegt dann näher an der Position der Regierungspartei, die intern stärker programmatisch zerstritten ist“, erklärt Debus.
„Ob die Wählerinnen und Wähler den gefundenen Kompromiss bei der nächsten Wahl honorieren werden ist wieder eine andere Frage. Abgestraft werden kann man aber auch als Oppositionspartei. In der Regierung wäre die SPD jedenfalls nach wie vor in der Lage, Politik mitzugestalten; das zeichnet sich im Sondierungspapier deutlich ab“, fasst Debus zusammen.
Marc Debus ist Professor für Vergleichende Regierungslehre an der Universität Mannheim und Direktor des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung (MZES). In seiner Forschung befasst er sich hauptsächlich mit Koalitionsbildungsprozessen, Parteien und Parteienwettbewerb.
Eine grafische Darstellung der Parteipositionen finden Sie unter:
https://www.uni-mannheim.de/newsroom/presse/pressemitteilungen/januar/sp...
Kontakt:
Prof. Dr. Marc Debus
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(Pressemitteilung Universität Mannheim, 15.01.2018)