Das Regieren jenseits des Nationalstaates wird oftmals mit Blick auf die Europäisierung problematisiert, die bisweilen für 80 Prozent der deutschen Gesetzgebungstätigkeit verantwortlich gemacht wird. Dieser Beitrag untersucht aus einer quantitativen Perspektive, inwieweit die deutsche Gesetzgebung der vergangenen 30 Jahre auf europäische Impulse zurückzuführen ist. Im Unterschied zu anderen Studien wird eine Qualifizierung der Gesetzgebungstätigkeit nach inhaltlichem Bedeutungsgrad und monetären Implikationen vorgenommen und untersucht, ob und in welchem Ausmaß angegebene europäische Impulse tatsächlich mit EU Gesetzgebungsaktivitäten zusammenhängen. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einfluss der EU auf die deutsche Gesetzgebung bisher deutlich überschätzt wurde. Nach unseren Erkenntnissen wurde in den vergangenen 30 Jahren ein 80-prozentiger Anteil bei großzügiger Zählweise nur zu einem Zeitpunkt und in einem Politikbereich erreicht. Ansonsten fällt dieser Anteil vor allem bei „wichtigen“ Gesetzen weitaus geringer aus. Ferner lässt sich nur bei der Hälfte aller Angaben zu einem europäischen Richtlinienimpuls überhaupt ein eindeutiger europäischer Ursprung nachweisen.