Rüdiger Schmitt-Beck
Alle reden davon - doch ist was dran? Medieneinflüsse auf Wahlentscheidungen im internationalen Vergleich

Arbeitsbereich II; 22
Mannheim
,
MZES
,
1998
ISSN: 0948-0080

Obwohl sich am Handeln von Parteien und Kandidaten in vielerlei Hinsicht ablesen läßt, daß diese der Berichterstattung der Massenmedien ein erhebliches direktes Einflußpotential auf die politischen Entscheidungen der Bürger zuschreiben, ist es bisher kaum gelungen, ein derartiges Einflußpotential empirisch nachzuweisen. Die vorliegende Untersuchung zeigt auf der Basis repräsentativer Wählerbefragungen aus West- und Ostdeutschland (1990), Spanien (1993) und den USA (1992), daß dies zumindest zum Teil damit zu tun, daß bislang zu wenig die Möglichkeit wechselseitiger Neutralisierung der Einflüsse widersprüchlicher Überzeugungsbotschaften aus verschiedenen Medien beachtet wurde. Bei getrennter Betrachtung der verschiedenen Medienangebote wird deutlich, daß in allen vier untersuchten Kontexten individuelle Wahlentscheidungen durch den Kontakt mit Massenmedien zumindest mitgeprägt wurden. Sowohl Angebote des Fernsehens als auch der Presse, sogar solche mit primär unterhaltendem Charakter, vermögen Entscheidungen von Wählern zu verändern. Politische Prädispositionen wie Parteiidentifikationen, kulturelle Loyalitäten und Gruppenidentifikationen fördern oder hemmen derartige Medieneinflüsse durch den doppelten Filter der selektiven Zuwendung und der selektiven Verarbeitung medial vermittelter Überzeugungsbotschaften. Zwar nicht ausnahmslos, aber überwiegend erweisen sich Medieneinflüsse dann am stärksten, wenn sie im Einklang mit den bestehenden Prädispositionen stehen, und dann am schwächsten, wenn sie den eigenen Prädispositionen zuwiderlaufen.

Although it can be inferred from the behavior of parties and candidates that these political actors attribute the mass media a substantial potential for direct influences on citizens' political decisions, few studies have so far been able to demonstrate that such a potential for influence really exists. Based on representative national surveys of voters in West and East Germany (1990), Spain (1993), and the United States (1992), the present study shows that this is partly due to the fact that the possibility of mutual cancellation of contradictory persuasive messages from different media has not not been sufficiently taken into account. When analysing various media (newspaper titles and television channels) separately it becomes obvious that in all four contexts individual voting decisions have been at least partly influenced by media reporting.The results suggest that both television programs and the press are able to influence voting decisions, even if they emphasize entertainment and not political information. Political predispositions like individual voters_' partisanship, cultural loyalties, and group identifications reinforce or impede such media influences through the double filter of selective exposure and selective acceptance of persuasive messages originating from the media. Mostly, but by no means exclusively, media influences are strongest when they are in line with existing political predispositions, and weakest when they are in conflict to them.