Innerhalb der Tschernobyl-Politik beider Staaten kristallisierte sich als hervorragender Vergleichsgegenstand die Ausarbeitung der Tschernobyl-Staatsprogramme in den Jahren 1990 und 1995 heraus. Aufgrund der zeitlichen und thematischen Parallelität lassen sich hieran am besten die Veränderungen der politischen Entscheidungskriterien und des öffentlichen Diskurses vor und nach der im Jahre 1991 erlangten Unabhängigkeit beider Republiken analysieren. Mittels eines Vergleichs zwischen der innen- und außenpolitischen Darstellung der Tschernobyl-Problematik durch die Regierungen von Belarus und der Ukraine können Aussagen sowohl über die politische Instrumentalisierung des Themas Tschernobyl als auch über die sich wandelnden außenpolitischen Erwartungshaltungen beider Staaten gebildet werden. Des weiteren wurde die atomenergiewirtschaftliche Diskussion in beiden Republiken verfolgt. Insgesamt läßt sich bisher eine seit 1992 zunehmende Dominanz ökonomischer Sparzwänge sowie ein rückläufiger, vor allem in Belarus verstärkt durch die Exekutive reglementierter öffentlicher Diskurs konstatieren.