Infolge von Globalisierung und Individualisierung werden kollektive Identitäten immer vielfältiger. Dies bleibt nicht ohne Folgen für das Funktionieren moderner Demokratien. Für die Europäische Union stellt diese Entwicklung allerdings zugleich eine Herausforderung und eine Chance dar: Einerseits fühlen sich die europäischen Bürger ohnehin wenig mit Europa und ihren europäischen Mitbürgern verbunden. Wenn aber andererseits die zunehmende Vielfalt kollektiver Identitäten zu einer Abschwächung bestimmter Identifikationen führt, könnte dies zu einem relativen Bedeutungsgewinn europäischer Zugehörigkeitsgefühle führen. Innerhalb des hier vorgestellten Projekts wird europäische Identität daher als Aspekt multipler kollektiver Identifikationsprozesse betrachtet. Inwiefern in diesem Sinne eine europäische Mehrebenenidentität bei Jugendlichen in Europa vorhanden ist, soll zunächst empirisch untersucht werden. Vor allem aber will das Projekt den möglichen Zusammenhang zwischen sozialer Beteiligung und der Entwicklung multipler kollektiver Identitäten analysieren. So wird in Wissenschaft wie Praxis angenommen, dass zum einen soziale Beteiligung in europäischen Jugendprojekten die Identifikation mit Europa und zum anderen kommunale Beteiligung die Verbundenheit mit der Gemeinde fördert. Ausgehend von multiplen Identifikationsstrukturen sollte dies dann auch die kollektiven Identitätsbildungsprozesse auf den jeweils anderen Ebenen beeinflussen. Soziale Aktivität auf kommunaler Ebene könnte somit (indirekt) zur Entwicklung einer europäischen Identität beitragen. Zur Untersuchung dieser Zusammenhänge wird ein quasi-experimentelles Forschungsdesign vorgestellt, bei dem Jugendliche in verschiedenen europäischen Ländern (UK, NL, IRL, D) vor und nach einem Engagement in europäischen und kommunalen Jugendprojekten zu ihren multiplen kollektiven Identitätsstrukturen befragt werden.