Zum Einfluss der öffentlichen Meinung auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts: Eine Analyse von abstrakten Normenkontrollen sowie Bund-Länder-Streitigkeiten 1974 – 2010

Politische Vierteljahresschrift
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vi, 570-598 S.
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2015,

Sternberg, Sebastian, Thomas Gschwend, Caroline Wittig, Benjamin G. Engst
ISSN: 0032-3470 (print + online)

Ist das Bundesverfassungsgericht, wie oft behauptet, ein weitestgehend unabhängiger Akteur im Regierungssystem der Bundesrepublik? Wir zeigen erstmals, in welchem Ausmaß die öffentliche Meinung einen systematischen Einfluss auf Entscheidungen des Gerichts ausübt. Unsere Evidenz basiert auf der Analyse abstrakter Normenkontrollen und Bund- Länder-Streitigkeiten von 1974 bis 2010. Je stärker die Antragsinhalte der Opposition durch die öffentliche Meinung unterstützt werden, desto eher entscheidet das Bundesverfassungsgericht im Sinne der Opposition. Zwei Mechanismen, die diese Korrelation vermitteln könnten, werden abschließend diskutiert. Obwohl das Gericht nicht blind dem Mehrheitswillen der Öffentlichkeit folgt, berücksichtigt es zu seiner Legitimation die Akzeptanz seiner Entscheidungen.