Der sozialstrukturelle Wandel der Landwirtschaft in der Europäischen Union wird zunehmend problematischer. Thema dieses Beitrags ist, wie sich die besonderen Merkmale der Vergemeinschaftung der Agrarpolitik im Zusammenspiel mit den institutionellen Grundlagen der landwirtschaftlichen Produktion und den historisch geprägten Unterschieden in der westeuropäischen Agrarstruktur auf die Gestaltung und Verteilung der Lebenschancen der agrarischen Erwerbsbevölkerung auswirken und wie sich die Besonderheiten dieses sozialen Wandels und seine hohe Konfliktträchtigkeit erklären lassen. Dabei steht die These im Mittelpunkt, daß die transnationale Integration der Agrarwirtschaften Westeuropas aufgrund der spezifischen institutionellen und politischen Binnenstrukturen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu einer Vertiefung von bereits bestehenden wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten und regionalen Ungleichgewichten geführt hat, die nur ansatzweise durch eine entsprechende mitgliedstaatliche und regionale Agrarpolitik kompensiert werden konnte. Ein besonderes Problem ist die große Bedeutung der Familienlandwirtschaft (großenteils als Nebenerwerb), insbesondere die dort zunehmende Frauenerwerbstätigkeit. Das komplexe Zusammenspiel sozialstruktureller Faktoren, institutioneller Variationen mitgliedstaatlicher Agrarverwaltungen und der Struktur der Gemeinsamen Agrarpolitik führt dazu, daß große Teile der landwirtschaftlichen Erwerbsbevölkerung in der Europäischen Union de facto zu einer Versorgungsklasse herabsinken.