Guido Schwellnus
The Role of Argumentative Coherence in the EU’s Justification of Minority Protection as a Condition for Membership. S. 247-274 in Helene Sjursen (Hrsg): Enlargement in Perspective

ARENA Report
2/05 p.
,
Oslo
,
ARENA, University of Oslo
,
2005
ISSN: 0807-3139

Der Beitrag analysiert die Begründung der EU Erweiterungspolitik im Bereich des Minderheitenschutzes. Ausgehend von der Annahme, dass Politik durch unterschiedliche Typen von Argumenten begründet werden kann, die sich auf Kosten/Nutzen-Kalküle, partikaulare Werte oder universelle Rechte beziehen, wird argumentiert, dass in komplexen Argumentationen oftmals mehr als ein Typus eingesetzt wird, so dass die Kohärenz unterschiedlicher Begründungen ein wichtiger Legitimationsfaktor ist. Dagegen kann argumentative Inkohärenz unbeabsichtigte Konsequenzen haben. Im Fall des Minderheitenschutzes wechselte die Begründung der EU von der Betonung des Nutzens der Politik für die Vermeidung ethnischer Konflikte in der Region zu einer wertorientierten Präsentation als "europäischer Standard", obwohl Minderheitenschutz kein Bestandteil des internen EU-acquis ist. Diese Inkohärenz löste eine diskursive "Bereinigungsstrategie" aus, in der die externe Politik an etablierte Gemeinschaftsnormen wie Nichtdiskriminierung, Schutz der kulturellen Vielfalt und den Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit rückgebunden wurde. Es gelang jedoch nicht, die Spannung zwischen der internen und externen Behandlung des Minderheitenschutzes aufzulösen, so dass es möglicherweise zu einem "Rückschlag" nach erfolgter Erweiterung kommen kann.

This paper analyses the justification of the EU’s enlargement policy in the field of minority protection. Starting from the assumption that policies can be justified by different types of arguments referring to utility, particular values or universal rights, the paper argues that in complex argumentations often more than one type is deployed, so that coherence between different justifications is an important legitimising factor, whereas argumentative incoherence can lead to unintended feedback effects. In the case of minority protection, the EU's justification shifted from stressing the policy’s utility, namely preventing ethnic conflict in the region, to promoting it as a “European standard”, although minority protection is not part of the EU’s internal acquis. This incoherence triggered a discursive “realignment strategy”, linking the external policy back to established EU norms such as non-discrimination, respect for diversity, and the fight against racism and xenophobia. However, this does not suspend the tension between the different internal and external approaches to minority protection, giving rise to potential “backlash” after accession.