Die personal(isiert)e Wahl und parlamentarische Repräsentation

Fragestellung/Ziel: 

Wahlsysteme definieren, wie Stimmen abgegeben und Sitze verteilt werden. Damit prägen sie auch, wie stark Repräsentation einerseits auf Personen und andererseits auf Parteien beruht. Das Projekt untersuchte die Konsequenzen einer "Personalisierung" von Wahlsystemen für das Verhalten individueller Abgeordneter.

Im Gegensatz zu den meisten existierenden Studien, die auf internationalem Vergleich basieren und bei denen die Kontrolle aller relevanten Drittvariablen schwierig ist, lag der Fokus in diesem Projekt auf den Effekten von Wahlreformen innerhalb zweier Länder. Schweden und die Tschechische Republik verwenden Wahlsysteme mit flexiblen Listen und änderten spezifische Regeln (Hürde für Personenstimmen, in der Tschechischen Republik auch deren Zahl), die es Kandidaten leichter machen, auf Basis der Personenstimmen anstatt des Listenplatzes einen Sitz im Parlament zu erhalten.

Der empirische Teil des Projekts begann mit ca. 20 qualitativen Interviews mit Parlamentariern. Im Folgenden stützten sich die Untersuchungen primär auf quantitative Analysen des Umfangs und Inhalts parlamentarischer Aktivitäten (Gesetzesvorschläge, parlamentarische Fragen) sowie namentlicher Abstimmungen. Diese Analysen bezogen alle Abgeordneten in den Vor- und Nach-Reform-Parlamenten mit ein. Der quantitative Teil griff auch auf Längsschnittverfahren zur kausalen Inferenz aus nicht-experimentellen Daten zurück.

Das zentrale Ergebnis besteht darin, dass die Reformen komplexe und insgesamt eher begrenzte Effekte hatten. Ein Grund hierfür besteht darin, dass das Absenken der Personenstimmenhürde in Prozentpunkten je nach implizierter Veränderung in absoluten Stimmen (welche wiederum von der Partei- und Wahlkreisgröße abhängt) unterschiedlich wirkt. Darauf aufbauend bildet das Konzept des Expected Post-Electoral Allocation Type für die Sitzverteilung innerhalb von Parteien einen theoretischen Beitrag des Projekts. Auf der empirischen Seite ergab sich unter anderem, dass Parteien bei der Kandidatenauswahl eher durch das Verweigern der erneuten Nominierung an sich als durch die Herabstufung innerhalb der Liste Parlamentarier zur Rechenschaft ziehen. Zwar weisen die Ergebnisse nicht darauf hin, dass Wähler den Einsatz Abgeordneter im Parlament stets mit Personenstimmen honorieren. Allerdings zeigen die Wahlen in der Tschechischen Republik 2010, dass dies durchaus möglich ist, wenn durch den Wahlkontext die Leistungen einzelner Abgeordneter in den Mittelpunkt rücken.

Fact sheet

Finanzierung: 
DFG
Laufzeit: 
2014 bis 2018
Status: 
beendet
Datenart: 
Wahlergebnisse, Parlamentarische Aktivitäten, Umfragedaten
Geographischer Raum: 
Schweden, Tschechische Republik

Veröffentlichungen