Politische Führer und demokratische Wahlen

Die Bestimmungsgründe des Wahlverhalten in westlichen Demokratien sind im Wandel begriffen. Während die langfristig stabilen Faktoren wie der soziale Hintergrund und die Parteibindungen an Bedeutung verlieren, wächst der Einfluß von kurzfristigen Effekten wie politische Sachfragen oder Führungspersönlichkeiten. Gerade auf dem Hintergrund der Personalisierungstendenzen in der Massenkommunikation und insbesondere in der politischen Berichterstattung im Fernsehen sollte der Einfluß des politischen Führungspersonals auf die Wahlentscheidung über die Zeit deutlich zunehmen. Neben dieser zeitlichen Entwicklung kann jedoch angenommen werden, daß der Einfluß politischer Führer auf die Wahlentscheidung zwischen politischen Systemen variiert, aber auch zwischen Parteien, und sogar zwischen unterschiedlichen Wählergruppen. In präsidialen politischen Systemen wie dem der Vereinigten Staaten stehen politische Führer stärker im Zentrum politischer Entscheidungen als ihre Kollegen in parlamentarischen Systemen, und man kann deshalb wohl davon ausgehen, daß ihr Einfluß auf die Wahlentscheidung größer ist. Die Führer großer Parteien haben gegenüber ihren Kollegen aus kleineren Parteien einen ähnlichen Vorteil - einer von ihnen wird durch die Wahl zum Regierungschef bestimmt werden und genießt schon deshalb größere Aufmerksamkeit. Mit Blick auf unterschiedliche Wählergruppen kann man schließlich davon ausgehen, daß Wähler ohne feste Parteibindungen, solche mit geringem politischen Interesse und wenig Informationen und solche, die erst spät eine Wahlentscheidung treffen, den Wahl stehenden personalen Alternativen größere Beachtung schenken als andere. Das Projekt "Politische Führer und Demokratische Wahlen" wird diese und weitere Hypothesen auf der Grundlage der Datensätze der nationalen Wahlstudien aus 9 westlichen Demokratien einer systematischen Überprüfung unterziehen.