Jörg Dollmann, Markus Weißmann
"Ethnic Choice Effects“: Welche Rolle spielt die räumliche Verfügbarkeit anspruchsvoller Bildungsalternativen?

S. 141-167 in: Hanno Kruse, Janna Teltemann (Hrsg.): Differenz im Raum Sozialstruktur und Grenzziehung in deutschen Städten. 2022. Wiesbaden: Springer VS

Der vorliegende Beitrag untersucht die Frage, ob sich die üblicherweise bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund gefundenen, relativ optimistischen Übergangsentscheidungen zum Teil dadurch erklären lassen, dass Migranten und deren Nachkommen eher in (groß)städtischen Milieus leben, in denen die Angebotsstruktur weiterführender Schularten eher vorteilhaft ist im Vergleich zum ländlichen Raum. Auf Basis des deutschen Teils der Studie Children of Immigrants Longitudinal Survey in Four European Countries (CILS4EU) zeigt sich zunächst deskriptiv, dass Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund tatsächlich in deutlich geringerer Distanz zu einer Schule mit einer gymnasialen Oberstufe wohnen. Allerdings spielt diese Nähe nur bei dem Zustandekommen von Plänen eine Rolle, nach der Sekundarstufe I eine weiterführende Schulart zu besuchen, nicht aber bei den tatsächlich getroffenen Bildungsentscheidungen. Neben dem Einfluss der Verfügbarkeit von weiterführenden Schularten in der Wohnumgebung auf das Entscheidungsverhalten soll zudem auch die Situation auf dem Ausbildungsmarkt beleuchtet werden. So könnte argumentiert werden, dass es ein Mangel an Ausbildungsplätzen im Wohnumfeld wahrscheinlicher macht, nach der Sekundarstufe I die Schulkarriere fortzuführen. Für das zur Prüfung dieser Forschungsfrage eingesetzte Kontextmerkmal der Relation zwischen freien Stellen und Bewerberinnen und Bewerbern ergeben sich analoge Befunde wie zur Entfernung zur weiterführenden Schulart: Eine ungünstigere Stellen-Bewerber-Relation im Landkreis führt eher dazu, dass nach der Sekundarstufe geplant wird, die Schule fortzuführen. Es zeigt sich allerdings kein Einfluss auf die tatsächlich getroffenen Bildungsentscheidungen nach der Sekundarstufe I.