Mit dem Begriff der ‚politischen Gesellschaft‘ hat Michael Th. Greven die neuartige Qualität der sich aus dieser Tendenz ausbildenden Gesellschaft auf den Begriff gebracht (Greven 2009a). Nicht nur in seinem diesem Thema gewidmeten Buch, sondern in zahlreichen weiteren Veröffentlichungen hat er die politische Gesellschaft als Problem des Regierens und der Demokratie behandelt. Gerade weil er die immer weiterreichende Aufgabenübertragung an die Politik als einen unumkehrbaren gesellschaftlichen Entwicklungstrend betrachtet, der zu überbordender Komplexität und zur elitär bestimmten Effizienzorientierung des Regierens führt, sind seine Schriften von einer pessimistischen Sicht auf die Zukunft der Demokratie durchzogen. Seine Diagnose trifft die nationalstaatlich etablierten Demokratien ebenso wie das politische System der EU, denn nicht nur die Anforderungen des Regierens, sondern auch die Bewältigungsstrategien sind vergleichbar. Die Steigerung der Problemlösungskapazität gilt als oberstes Ziel, und zu diesem Zweck wird eine funktionale Ausdifferenzierung der Politikbearbeitung betrieben, die immer weitreichender transnational vernetzt ist. Dabei verwandeln sich die öffentlichen Organe von regierenden Autoritäten zu Kooperationspartnern, die den Regelungsadressaten Mitspracherechte verleihen, Experten umfassend in den Prozess der Politikformulierung einbinden, die Partizipationsmöglichkeiten von Interessengruppen ausdehnen und all dies in einem dichten Geflecht von informellen Parallelinstitutionen organisieren, in denen der politische Entscheidungs- und Implementationsprozess vorbereitet, begleitet und teilweise weitgehend autonom abgewickelt wird. Auf die demokratieschädlichen Folgen hat Michael Th. Greven immer wieder hingewiesen: Eine derart komplexe und ausufernde Organisation des Regierens überfordert den Bürger kognitiv und motivational und entzieht damit der Demokratie, die ja dem Willen der Bürger zur kollektiven Selbstbestimmung Ausdruck geben sollte, den Boden (Greven 2003, S. 86, 91).