Frank Kalter
Partnerschaft und Migration. Zur theoretischen Erklärung eines empirischen Effekts

Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 1998: 50, Heft 2, S. 283-309

Personen, die mit ihrem Lebenspartner in einem gemeinsamen Haushalt leben, weisen in der Regel nur sehr geringe Mobilitätsraten auf. Bisherige Ansätze, diesen Befund zu erklären, sind zwar empirisch fruchtbar, die Kontrolle entsprechender Drittvariablen führt aber nicht zu einem vollständigen Verschwinden des Effekts des Partnerschaftsstatus auf das Wanderungsverhalten. Eine einfache mikroökonomische Modellierung bietet einen ersten Vorschlag, um den eigenständigen Einfluß der Partnerschaft auf die Migrationsentscheidung zu erklären. Dieser An-satzpunkt wird hier um ein verhandlungstheoretisches Modell und ein vertiefendes Modell der Ent-scheidung unter Unsicherheit erweitert. Danach bilden die Risiken und Kosten der Verhandlung unter bestimmten Randbedingungen die entscheidende Hürde für die Mobilitätsbereitschaft zu- sammenlebender Paare. Die Antizipation möglicher Verhandlungsschwierigkeiten führt nicht selten dazu, daß eine potentielle und durchaus vielversprechende Wanderung gar nicht erst zu einem Thema der Entscheidung gemacht wird. Die vorgeschlagenen theoretischen Modellierungen werden anhand der Daten der Studie 'Migrationspotentiale', die am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) der Universität Mannheim durchgeführt wurde, empirisch überprüft.

Married and cohabiting couples generally show very low rates of residential mobility. Existing theoretical approaches still seem to be insufficient to account for this fact, even if there is empirical evidence supporting their main hypotheses. The effect of partnership cannot be totally traced back to the effect of variables related to these theories. In explaining the independent influence of partnership on migration behavior a microeconomic model of household decision making serves as a starting point. The model is extended by more explicit assumptions concerning the bargaining process and the problem of decision making under risk and uncertainty. As a consequence costs and risks of bargaining are major obstacles to the willingness to move. Anticipation of these difficulties often leads to a reluctance to set the migration decision on the agenda. The proposed theoretical models are empirically tested using the data of the survey on 'migration potentials', which was conducted at the Mannheim Centre for European Social Research (MZES).